Der Druck auf den IWF-Chef, dem versuchte Vergewaltigung vorgeworfen wird, wächst.

Paris/New York - Die Lage für den inhaftierten IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wird immer prekärer. Hinter Gittern steht der Franzose rund um die Uhr unter Beobachtung, um einen Selbstmord zu verhindern. US-Finanzminister Geithner fordert indes offen eine Übergangslösung für die Führung des Währungsfonds.

 

Strauss-Kahn, der in Frankreich als Präsidentschaftskandidat gehandelt wurde, sitzt im berüchtigten Rikers Island Gefängnis in einer Einzelzelle und hat keinen Kontakt zu Mithäftlingen. Um einen Selbstmord zu verhindern, schauen Wachleute alle 15 bis 30 Minuten in seine Zelle, wie die britische BBC berichtete. Er war am Samstag wegen des Verdachts einer versuchten Vergewaltigung festgenommen worden. Am Montag hatte eine Richterin seine Freilassung auf Kaution abgelehnt, worauf der IWF-Chef nach Rikers Island verlegt wurde.

USA fordert Strauss-Kahns Rücktritt

Am Mittwoch verlor der Franzose den Rückhalt der USA, des wichtigsten IWF-Geberlandes. Strauss-Kahn sei „offensichtlich nicht in der Lage“ den Währungsfonds zu lenken, stellte Finanzminister Timothy Geithner fest. Selbst wenn der in New York festgehaltene „DSK“ gegen Kaution freigelassen werden sollte, dürfe er höchstwahrscheinlich die Stadt nicht verlassen und werde daher seinen Verpflichtungen als IWF-Chef nicht nachkommen können, merkten US-Zeitungen an.

Einen Nachfolgekandidaten haben die USA bislang nicht ins Spiel gebracht. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde gilt für Beobachter momentan als heiße Kandidatin. Aber auch Entwicklungs- und Schwellenländer melden angesichts ihres wachsenden Gewichts in der Weltwirtschaft Anspruch auf den Spitzenjob an, der bisher traditionell an einen Europäer ging. Die „Washington Post“ spricht von einem möglichen Kampf um den Posten.

Mutmaßliches Opfer will aussagen

Sein mutmaßliches Opfer will in einem Prozess aussagen. Wenn die aus Guinea stammende 32-jährige Frau aufgefordert werde, sei sie bereit, gegen den Franzosen in den Zeugenstand zu treten, sagte ihr Anwalt Jeffrey Shapiro am Dienstag (Ortszeit) dem US-Sender CNN. Die Hotelangestellte arbeite mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen.

An diesem Freitag soll zum ersten Mal eine Grand Jury zusammentreten, die letztlich über einen Prozess gegen den 62-jährigen Strauss-Kahn entscheiden wird.

Seite 2: Ist die junge Frau HIV-positiv?

Nach einem Bericht des Boulevardblattes „New York Post“ lebt das Zimmermädchen, das der IWF-Chef am Wochenende in einem New Yorker Hotelzimmer angegriffen haben soll, seit Jahren in Häusern für HIV-Infizierte. Wegen der Vertraulichkeit ärztlicher Akten sei aber unklar, ob die Frau wirklich infiziert sei. Andere US-Medien gingen auf diese Spekulationen zunächst kaum ein.

Der Bruder der 32-Jährigen schilderte seine Schwester als gläubige Muslimin. „Sie ist eine ehrenwerte und anständige Frau, die hart arbeitet, um ihre Tochter großzuziehen“, betonte der Bruder in einem Interview der französischen Tageszeitung „Le Parisien“.

"Sie weint viel"

Derzeit halte sie sich unter Polizeischutz an einem geheimen Ort auf. „Sie weint viel“, sagte der Bruder, der nach Angaben der Zeitung ein Restaurant mit afrikanischer Küche im New Yorker Stadtteil Harlem betreibt. Die 32-Jährige ist laut CNN eine allein stehende Mutter, die vor ein paar Jahren aus dem westafrikanischen Guinea in die USA eingewandert war. Laut „Parisien“ hat die Frau eine neunjährige Tochter, US-Medien hatten berichtet, die Tochter sei im Teenageralter.

In Frankreich untersagte Präsident Sarkozy seinen Regierungsmitgliedern, sich zur Festnahme des IWF-Chefs zu äußern. „Wir respektieren die amerikanische Justiz und die Unschuldsvermutung“, sagte Regierungssprecher François Baroin am Mittwoch in Paris. Nach Informationen des Enthüllungsblatts „Le Canard Enchaîné“ will Sarkozy den Eindruck von Schadenfreude vermeiden. Strauss-Kahn galt als sein gefährlichster Gegner für die Präsidentschaftswahl 2012.