Der Internationale Währungsfonds (IWF) sorgt sich um die Nebenwirkungen der lockeren Geldpolitik. Was es mit wachsenden Schuldenbergen von Staaten und Unternehmen auf sich hat.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Washington/Frankfurt - Die wachsenden Schuldenberge von Staaten und Unternehmen lassen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) die Alarmglocken schrillen. „Die Verschuldung außerhalb des Bankensektors ist jetzt höher als vor der weltweiten Finanzkrise“, stellt der Währungsfonds in seinem neuen Finanzstabilitätsbericht fest. Gleichzeitig gingen Investoren immer höhere Risiken ein, um trotz der niedrigen Zinsen auskömmliche Renditen zu erwirtschaften. Sollte es zu einer neuerlichen Vertrauenskrise an den Märkten kommen, könnte dies „das weltweite Wirtschaftswachstum gefährden“.

 

In den vergangenen zehn Jahren sei die Verschuldung von Regierungen und Privatsektor in fast allen G20-Staaten gestiegen, schreibt der IWF. Ausgenommen seien Deutschland und Argentinien. In der Bundesrepublik hat sich die finanzielle Lage von Haushalten und Unternehmen von 2006 bis 2016 verbessert, der staatliche Schuldenberg erhöhte sich nur leicht von 66 auf 68 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Argentinien hat seit dem Schuldenschnitt 2005 vor allem die staatlichen Verbindlichkeiten deutlich reduziert.

Höhere Kreditrisiken um der Erträge Willen

In der Mehrzahl der G20-Länder dagegen sind neben den Staatsschulden auch die Verbindlichkeiten von Unternehmen und Haushalten angeschwollen. Das ist eine Folge der Weltwirtschaftskrise, hängt aber auch mit den niedrigen Zinsen zusammen: Viele Geldgeber seien heute bereit, „höhere Kreditrisiken zu akzeptieren, um ihre Erträge zu steigern“, heißt es im Finanzstabilitätsbericht. Denn konservativere Geldanlagen brächten kaum noch Rendite. „Es ist zu viel Geld auf der Jagd nach zu wenig ertragreichen Vermögenswerten.“

Hintergrund ist die Geldschwemme, mit der die großen Notenbanken auf die Weltwirtschaftskrise reagierten. In den USA, Europa und Japan senkten die Zentralbanken ihre Leitzinsen und pumpten Billionen in den Markt. In der Eurozone und Japan kaufen die Notenbanken bis heute Anleihen, also Schuldtitel von Staaten und Unternehmen. Sie heizten damit die Nachfrage nach diesen Wertpapieren so an, dass die Schuldner kaum noch eine Gegenleistung in Form von Zinsen bieten müssen. Auf der Suche nach höheren Renditen weichen deshalb immer mehr Investoren auf Aktien und andere Vermögenswerte aus, etwa Immobilien.

Gefahr einer Blasenbildung

Der IWF räumte indirekt die Gefahr einer Blasenbildung ein: „Die Bewertungen in einigen Märkten werden überdehnt“, schreibt der Währungsfonds. Dennoch könnten die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Notenbanken den Geldhahn nicht einfach zudrehen. „Plötzliche Änderungen könnten unerwünschte Turbulenzen auslösen und die Märkte grenzüberschreitend erschüttern.“ Die Normalisierung der Geldpolitik werde „wahrscheinlich mehrere Jahre dauern“.

Um Exzesse an den Finanzmärkten zu verhindern, sei daher die Politik gefragt. Der IWF dringt auf einen schnellen Abschluss der laufenden Verhandlungen über schärfere Eigenkapitalanforderungen an Banken. Wo nötig, sollten auch strengere Standards für die Kreditvergabe erwogen werden. Ganz konkret appellierte der Währungsfonds an China: „Die Größe, Komplexität und das Wachstumstempo des chinesischen Finanzsektors deuten auf ein erhöhtes Risiko hin.“ Peking müsse weitere Schritte unternehmen, um das Kreditwachstum zu bremsen.

Gezielte Transfers sinnvoller als ein bedingungsloses Grundeinkommen

In einem zweiten Bericht widmet sich der IWF der Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen, wie es auch in Deutschland seit einigen Jahren diskutiert wird. Der Währungsfonds kommt in seiner Analyse indes zu dem Schluss, in wohlhabenden Ländern mit einem gut ausgebauten sozialen Netz seien gezielte Transfers an Haushalte mit niedrigen Einkommen sinnvoller als ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle.