Mit verbundenen Augen den Ball treten und dann auch noch ins Tor treffen? Unmöglich ist das jedenfalls nicht; es gibt sogar eine Nationalmannschaft für Blindenfußball. Viertklässler der Jahnschule in Filderstadt-Harthausen durften dies nun ausprobieren – mit einem ganz besonderen Ball.

Harthausen - Inklusion ist an der Jahnschule in Harthausen kein Fremdwort. Lange bevor der baden-württembergische Landtag am 15. Juli 2015 die Sonderschulpflicht abgeschafft hat, unterrichtete die Grundschule behinderte Kinder und integrierte sie in den Regelunterricht. Seit diesem Schuljahr gibt es auch offiziell eine Inklusionsklasse an der Schule. Um die Jungen und Mädchen für das Thema weiter zu sensibilisieren, fand am Dienstag auf Initiative der Schulsozialarbeiterin Natascha Ullrich das Projekt „Handicap macht Schule“ in der Jahnschule statt.

 

„Wir haben uns im vergangenen Jahr überlegt, wie wir den respektvollen Umgang und das soziale Miteinander unter den Schülern fördern können“, berichtete sie. Zu dem Thema habe es bereits diverse Workshops an der Schule gegeben. Im Internet sei sie dann auf das Projekt gestoßen. Nun haben die Viertklässler der Jahnschule im Sportunterricht eine kompakte Trainingseinheit in die paralympische Sportart Blindenfußball erhalten.

Durch Perspektivenwechsel Barrieren abbauen

Benjamin Zoll betreut das gemeinsame Projekt der Sport-Region Stuttgart und des Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbandes an Grundschulen und ist auf dem Gebiet ausgewiesener Experte. Der 31-Jährige arbeitet als Lehrkraft in der Stuttgarter Nikolauspflege, einer Einrichtung für Blinde und Sehbehinderte, und hat zudem zwei Jahre lang die Deutsche Blindennationalmannschaft trainiert. Das Projekt beinhaltet auch einen Aktionstag zu Rollstuhlbasketball. „Ziel ist es, durch den Perspektivenwechsel und den spielerischen Ansatz Barrieren abzubauen“, sagte Benjamin Zoll.

Die Kinder verlieren ihre Berührungsängste und lernen dadurch einen natürlichen Umgang zu Menschen mit Behinderung. „Hören und Fühlen wird heute eure Stärke sein“, erklärte Zoll den Schülern im Training. Mithilfe einer abgeklebten Skibrille konnten die Schüler am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, blind zu sein und keine Orientierung zu haben. In Aufwärmübungen und Spielen lernten die Kinder nicht nur, sich auf andere Sinne zu verlassen, sondern Vertrauen zu ihren Trainingspartnern aufzubauen und sich zudem fair und respektvoll zu verhalten.

Anhand der Geräusche weiß man, wo der Ball ist

Gekickt wird beim Blindenfußball mit einem Rasselball. Anhand der Geräusche im Ball wissen die Spieler, wo sich das runde Leder befindet. Dass dies gar nicht so einfach ist, erfuhren die Schüler spätestens dann, als sie mit verbundenen Augen passen oder das Tor treffen sollten. „Gegen die Profispieler im Blindenfußball hättet ihr absolut keine Chance“, sagte Benjamin Zoll den „blinden“ Nachwuchskickern. Am Ende der 90 Minuten erhielten die teilnehmenden Klassen eine Urkunde und durften ihrem Trainer Fragen stellen.

Bei den Viertklässlern kam das außergewöhnliche Training so gut an, dass Rufe nach einer Verlängerung laut wurden. „Geht mit offenen Augen durch die Welt und bietet Menschen mit Behinderung immer eure Hilfe an, ob im Alltag oder an eurer Schule“, resümierte Benjamin Zoll. Jeder Einzelne könne dazu beitragen, dass Inklusion gelingen kann.