Coronapandemie: An diesem Thema kommt bei Jahresrückblicken und -ausblicken niemand vorbei. Zehn Menschen aus dem Altkreis sprechen über ihre Wünsche für 2022.

Altkreis Leonberg - Flutkatastrophen und Vulkanausbrüche, Bundestagswahlen, ein hoffnungsvoller Sommer und dann doch wieder steigende Corona-Zahlen: Nach dem Corona-Jahr 2020 wurde auf das darauffolgende Jahr nicht weniger turbulent. Wie haben die Menschen aus dem Altkreis die vergangenen 12 Monate wahrgenommen? Und wie blicken Sie zum Jahreswechsel auf die kommende Zeit?

 

Veit Hübner, Kontrabassist

Korntal-Münchingen - Nachdem es erneut Neustart-Hilfe und im Sommer wieder Konzerte gab, war ich eigentlich ganz zuversichtlich. Gegen Ende 2021 ist es sehr frustrierend zu sehen, dass zwei Drittel meiner Konzerte abgesagt werden. Nur die mutigen Veranstalter richten noch aus. Die glücklichen und dankbaren Zuschauer geben uns Recht: Kultur ist nämlich systemrelevant. Im Moment sieht es so aus, dass wir wieder Berufsverbot bekommen.

Warum können wir Freischaffende nicht auch Kurzarbeitergeld erhalten? Wir hätten nicht das Gefühl, Almosen zu bekommen, und außerdem wäre es auch viel gerechter. Der Kulturbereich ist der zweitgrößte Wirtschaftszweig hier. Die vergangenen zwei Jahre habe ich viel Solidarität erlebt, besonders im Freundeskreis. Die Arbeit in meinem Bioladen hat mir auch sehr viel Spaß bereitet und meine Hoffnung ist, dass der Spuk im Sommer endlich zu Ende ist.

Wolfgang Vögele, Dekan

Leonberg - Der Rückblick auf 2021 ist für mich ambivalent. Es gab erfreuliche Ereignisse: So wurde im Mai unser drittes Enkelkind geboren, das großes Glück in unsere Familie brachte. In den Kirchengemeinden konnten wir im Sommer ein Stück weit zur Normalität zurückkehren. Wenn immer mehr Menschen einen Impfschutz haben, wird vieles leichter. Außerdem gab es digital enorme Fortschritte: Online-Gottesdienste und Videokonferenzen sind fast schon selbstverständlich.

In unserer Gesellschaft kam es zu zunehmenden Spannungen. Viele sind dünnhäutiger geworden. Mich begleitet seit Jahren der Kalender „Der Andere Advent“. Da steht ein beeindruckender Text von Kurt Marti: Er spricht davon, dass mit Weihnachten die „Weltsaite“ gespannt wurde, die Gott und Mensch verbindet. Wenn alle Stricke reißen, was wir gerade in vielen Bereichen erleben, diese Saite reißt nicht. Sie kommt immer wieder zum Schwingen und Klingen. Deshalb gehe ich zuversichtlich ins neue Jahr.

Michael Makurath, Oberbürgermeister

Ditzingen - „Und täglich grüßt das Murmeltier“ lautete 1993 der Titel einer Filmkomödie, und mit Blick auf das Jahr 2021 und die nicht komödiantischen Pandemiewellen könnte er auch heute als Überschrift eines Rück- und Ausblicks dienen. Mehr Kraft lässt sich jedoch durch den Blick auf die Stärken unserer Gesellschaft gewinnen: Keiner Generation vor unserer gelang es, so rasch Impfstoffe zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen.

Trotz aller Beschwernisse ist unsere Wirtschaft erfolgreich, und der befürchtete Crash ist bisher ausgeblieben. An vielen Stellen zeigt sich, wie viel Solidarität unsere Gesellschaft mobilisieren kann. Natürlich wird über den richtigen Weg auch erbittert gestritten, aber demokratische Toleranz gegenüber friedlichem Protest widerlegt alle Wirrköpfe, die sich in einer Diktatur wähnen. Ich bin sicher, dass wir mit der Konzentration auf das Gemeinsame und dem Respekt vor den Grundwerten unserer demokratischen Republik auch die Herausforderungen des Jahres 2022 gemeinsam bewältigen werden.

Sebastian Küster, Pressesprecher

Leonberg - 2021 ist Geschichte – endlich. Doch der Blick auf die kommenden 365 Tage könnte unbeschwerter sein. Wieder kein Pferdemarkt, wieder keine Konzerte, wieder kein Stadionbesuch. Nicht falsch verstehen: Die Corona-Regeln sind mehr als nachvollziehbar und absolut notwendig. Aber die Pandemie zermürbt. Trotzdem muss es weitergehen – irgendwie. Es klingt abgedroschen, aber ich wünsche mir daher für das Jahr 2022 vor allem Gesundheit für alle. Wer gesund ist, kann keinen anstecken und landet nicht auf der Intensivstation. Wer gesund ist, hinterlässt keine Trauernden. Dann steigen die Chancen, dass das Leonpalooza, die Gute-Nacht-Geschichten im Pomeranzengarten oder die Altjahrabendfeier wieder stattfinden können.

Aber wie schaffen wir das? Es klingt einfach und ist doch so schwer. Nur eine Impfquote über 90 Prozent – da sind sich Wissenschaftler einig – holt uns aus der Krise. Deshalb wünsche ich mir , dass Zweifler, Verängstigte und hartnäckige Verweigerer sich doch noch solidarisch zeigen und impfen lassen.

Barbara Hornberger, Museumsleiterin

Weissach - Für die Kultur war 2021 ein trauriges Jahr. Es kam im Sommer, als sich die Situation etwas besserte, viel Hoffnung auf. Die Kulturschaffenden haben viel geleistet und kreative Ideen ausgearbeitet, um den Betrieb am Laufen zu halten. Die Besucher haben das sehr geschätzt, hier im Heimatmuseum Flacht haben sich etwa immer wieder viele Menschen extra testen lassen, damit sie die Ausstellungen besuchen konnten. In der Politik wird die Kultur allerdings nicht sehr gewürdigt.

Klar, man hat in der Kultur immer zu kämpfen. Und besonders zu Beginn der Coronapandemie wurde das auch von vielen Seiten so erkannt, aber auf die Worte folgten kaum Taten. Für das kommende Jahr ist es wichtig, dass wir unsere Fantasie behalten und den Mut nicht verlieren. Jetzt haben wir die Chance, neue Ideen zu entwickeln. Ich denke, diese Zuversicht ist ganz wichtig.

Silke Bächtle, Vereinsvorsitzende

Renningen - Das Vereinsleben der SpVgg Renningen im vergangenen Jahr kann man ruhig mit einer Sinus-Kurve vergleichen. Es war ein stetiges Auf und Ab. In den „Hochphasen“, in denen wir den Sportbetrieb mit weniger Einschränkungen anbieten konnten, wurden unsere Abteilungen regelrecht überrannt. Das spiegelt sich in den vielen Neuanmeldungen im Sommer wider. Leider, und das schmerzt gewaltig, stehen viele Kinder und Jugendliche noch auf Wartelisten. In den Phasen, als wir nur im Freien beziehungsweise keinen Präsenzbetrieb anbieten konnten, zeigten die Abteilungen großen Einsatz, um unsere Mitglieder zu erreichen. Es fällt wirklich schwer, dieses ehrenamtliche Engagement in Worten auszudrücken. Für 2022 hoffen wir, dass wir unserem Sport annähernd wieder gemeinsam nachgehen können.

Luise Klingler, Klimaaktivistin

Weil der Stadt - Als wir mit Fridays for Future am 13. März 2021 auf dem Weil der Städter Marktplatz protestiert haben, dachte wohl keiner, dass dies unsere letzte „normale“ Demo für eine lange Zeit sein würde. In den letzten zwei Jahren hat sich die Art, in der wir unseren Aktivismus leben, sehr verändert. Immer wieder wurden wir durch Lockdowns und die Absicht, verantwortungsbewusst zu handeln, dazu gezwungen, unsere Demos von der Straße ins Netz zu verlegen.

Aber auch wenn die neue Art des Arbeitens uns zunächst Probleme bereitete, haben wir gelernt, damit umzugehen, neue Formen des Aktivismus zu entdecken. 2021 war ein Jahr der großen Worte – leider lassen die Taten auf sich warten. Lasst uns also in 2022 aus Worten Taten machen.

Laurents Hörr, Rennfahrer

Gerlingen - Das Jahr 2021 war für mich ein sehr „großes“ und besonderes Jahr. Angefangen mit den 24 Stunden von Daytona (3. Platz) und der Asian Le Mans Series ging es in die European Le Mans Series, die wir am Ende sogar gewinnen konnten. Das ist ein großer Schritt für mich. Corona beschäftigt uns im Motorsport hauptsächlich organisatorisch, die Durchführung der Veranstaltungen und die Anreisen sind ein enormer Aufwand.

Dennoch durfte ich mich zu den Glücklichen zählen, die Deutschland dieses Jahr verlassen konnten und habe dadurch fast die ganze Welt bereist. Mit dem Sieg in der European Le Mans Series haben das Team und ich einen Startplatz für die 24 Stunden von Le Mans, dem größten Autorennen der Welt, gesichert. Daran werde ich auch teilnehmen. Ich bin gespannt und zuversichtlich!

Markus Rösler, MdL, Grüne

Gerlingen - Direktmandat ausgebaut: Die Landtagswahl im März 2021 war für mich sowohl ein außergewöhnliches als auch ein besonders erfreuliches Ereignis: Weitere fünf Jahre darf ich für die Menschen im Strohgäu wie im ganzen Land arbeiten, mich für lange Linien in der Politik einsetzen. Dazu gehört – als neuer AK-Sprecher Finanzen der Grünen im Landtag – die gute Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden: Bei der Finanzausstattung der Kommunen sind wir im „Ländle“ Spitze im Vergleich der Bundesländer.

Beispiel für nachhaltige Entwicklung: Die erfolgreiche Verlängerung der Bio-Musterregion Ludwigsburg-Stuttgart, denn im Strohgäu ist auch in den Betriebskantinen viel Potenzial beim Ziel 30 bis 40 Prozent Bio im Jahr 2030. Never ending story: Für den Umbau im Bereich der Ditzinger Siemensstraße bin ich im Austausch mit Ministerien, Vermögen & Bau, Stadt, Polizei.

Allen Menschen im Strohgäu wünsche ich ein gesundes, möglichst bald wieder „normales“ Jahr 2022!

Susanne Widmaier, Bürgermeisterin

Rutesheim - Nachdem 2020 für mich persönlich ein „Annus horribilis“ war, konnte sich 2021 nur positiv abheben, und so hat sich das Jahr trotz Corona für mich sehr gut entwickelt. Ich bin sehr dankbar, dass es mir gesundheitlich wieder besser geht. Gemeinsam mit meiner „Rathausfamilie“, dem Gemeinderat und den Bürgerinnen und Bürgern von Rutesheim haben wir trotz der Pandemie viel erreicht. Es ist uns schwer gefallen, bei unserem sehr guten Miteinander die geforderte Distanz zu wahren, aber wir sind mit den Aufgaben gewachsen, haben nach vorne gesehen und zusammen gehalten.

Für 2022 wünsche ich mir, dass sich Corona eindämmen lässt und wir unser normales Leben wieder zurückbekommen. Dass Feste und Nähe wieder möglich werden und wir die frühere Unbeschwertheit wieder erlangen können. Beruflich würde ich gerne den Kaufvertrag für das Bosch-Areal unterzeichnen, den Glasfaserausbau für Perouse abschließen, das Mobilitätskonzept verabschieden und den Kindergarten in Perouse einweihen.