Der Branchenprimus Deutsche Bank kommt aus den roten Zahlen nicht heraus. 2018 will das Institut nach drei Verlustjahren die Kehrtwende schaffen und Gewinne erzielen. Gleichzeitig räumt der Vorstand zahlreiche Schwächen und Probleme ein.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt am Main - Die Aktionäre der Deutschen Bank verlieren allmählich die Geduld. Bei der Präsentation der Jahresbilanz am Freitag brach der Kurs zeitweise um sieben Prozent ein, die Deutsche Bank war damit das Schlusslicht im Deutschen Aktienindex (Dax). Dabei war der für 2017 verkündete Verlust von einer halben Milliarde Euro keine große Überraschung: Die Bank hatte schon vor einem Monat eingeräumt, dass eine Rückkehr in die Gewinnzone misslungen sei. Doch der Vorstand scheiterte am Freitag offenkundig mit dem Versuch, die Anleger von einer besseren Zukunft zu überzeugen.

 

Die detaillierten Zahlen für 2017 bestätigen zwar, dass ein Sondereffekt der Bank die Bilanz verhagelte: Wäre nicht kurz vor Weihnachten die US-Steuerreform verabschiedet worden, hätte das Institut knapp eine Milliarde Euro Gewinn gemacht. Nur: Für eine weltweit aktive Großbank wäre auch das nicht viel. Die spanische Konkurrentin Santander hat 2017 einen Nettogewinn von sechs Milliarden Euro eingespielt, US-Branchenprimus JP Morgan sogar 24 Milliarden Dollar (19 Milliarden Euro).

Zahlreiche Baustellen sind offen

Zehn Jahre nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise verfestigt sich damit der Eindruck, dass die Deutsche Bank den Anschluss verliert. Schließlich machte das Institut schon 2015 und 2016 Verlust. Schuld waren damals bekanntlich vor allem hohe Bußgelder für viele windige Geschäfte aus der Vergangenheit.

Im laufenden Jahr soll die Bank nun endlich wieder Geld verdienen. Auf eine konkrete Gewinnprognose wollte sich Vorstandschef John Cryan allerdings nicht einlassen. Kein Wunder, denn es sind noch zahlreiche Baustellen offen: Für das schon vor einem Jahr verkündete Vorhaben, Teile der Vermögensverwaltungstochter Deutsche Asset Management an die Börse zu bringen, gibt es noch immer keinen Termin. Auch die Integration der Postbank in das Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank wird voraussichtlich noch viele Monate in Anspruch nehmen.

Der Plan: Die gelben Postbank-Filialen sollen von den „blauen“ der Deutschen Bank getrennt bleiben. Die für die zusammen 20 Millionen Kunden unsichtbare Abwicklung der Geschäfte soll aber zusammengelegt werden. Vorstandschef Cryan pries den Zusammenschluss als Grundlage für eine Stärkung des Privat- und Firmenkundengeschäfts. „Es wird uns nützen, wenn wir verstärkt in das traditionelle Bankgeschäft investieren“, sagte der Brite. Denn es liefere stabilere Einnahmen als das Investmentbanking.

Investmentbanker verantworten viele Skandale

Die Investmentbank ist für den Handel mit Wertpapieren, die Begleitung von Börsengängen oder Anleihe-Emissionen sowie die Beratung bei Fusionen und Übernahmen zuständig. Sie ist das wichtigste Standbein der Deutschen Bank, das sich in den vergangenen Jahren aber als äußerst wackelig erwiesen hat: Weil die Investmentbanker für viele Skandale aus der Zeit vor und während der Finanzkrise verantwortlich waren, fielen hier auch die Bußgelder an. Obwohl mittlerweile schärfere Kontrollen eingeführt und Risiken abgebaut wurden, fuhr die Investmentbank auch 2017 ein schlechtes Ergebnis ein. Nach Einschätzung der Deutschen Bank war die Lage an den zeitweise als Zockerbuden verschrienen Börsen im vergangenen Jahr einfach zu ruhig: Angesichts der geringen Kursschwankungen zeigten die Unternehmenskunden der Investmentbank vergleichsweise wenig Interesse an Absicherungsprodukten.

Ein Umstand, der auch den Investmentbank-Abteilungen in den USA zu schaffen machte. Die dortigen Geldhäuser profitierten aber von der schieren Größe ihres Heimatmarkts – und einer ganz anderen Preisstruktur, sagte Cryan. Im europäischen Privatkundengeschäft wären vergleichbare Gebühren, etwa für Kreditkarten, nicht durchsetzbar. „Und der brutalste Markt für Banken ist vermutlich Deutschland“, sagt Cryan. Sein Fazit: Um in ihrem Heimatland erfolgreicher zu werden, müsse die Deutsche Bank ihr Privatkundengeschäft nicht nur ausbauen, sondern vor allem effizienter betreiben.

Erster Schritt: 1000 Mitarbeiter sollen gehen

Mit der Zusammenlegung zentraler Abteilungen aus dem eigenen Haus und der Postbank wollen die Frankfurter ab 2022 jährlich 900 Millionen Euro einsparen, unter anderem durch den Abbau von Arbeitsplätzen. In einem ersten Schritt sollen rund 1000 Mitarbeiter über ein sogenanntes Freiwilligenprogramm – also Abfindungen, Altersteilzeit- und Vorruhestandsregelungen – zum Ausstieg bewogen werden.

Das Programm zielt in erster Linie auf Mitarbeiter der Postbank, nachdem beim Mutterkonzern in den vergangenen zwei Jahren bereits Tausende Stellen dem Rotstift zum Opfer gefallen sind. Cryan hatte im Oktober 2015 angekündigt, bis Ende 2018 weltweit 9000 Stellen zu streichen, davon 4000 in Deutschland. Der Arbeitsplatzabbau hierzulande sei bereits zu 90 Prozent „umgesetzt oder vertraglich vereinbart“, sagte eine Banksprecherin. Ein Großteil der Stellen fiel bei den rund 190 Filialen weg, die seit 2015 geschlossen worden sind.

Gegenüber 2015 hat die Bank 3600 Mitarbeiter weniger

Gleichzeitig wurden allerdings rund 3000 bislang freiberuflich beschäftigte Mitarbeiter vor allem im IT-Bereich bei der Bank angestellt. Dieser gegenläufige Effekt erklärt, warum der Personalbestand weltweit gegenüber 2015 lediglich um rund 3600 auf 97 500 Vollzeitstellen gesunken ist.

Das Sparprogramm trägt zwar erste Früchte, doch die Ausgaben der Bank bleiben hoch: Selbst wenn man die Aufwendungen für Rechtsstreitigkeiten, Abfindungsprogramme für scheidende Mitarbeiter und einige andere Sonderposten herausrechnet, liegt die „bereinigte“ Kostenbasis mit 23,8 Milliarden Euro noch weit über dem ursprünglich für 2018 ausgegebenen Ziel von 22 Milliarden Euro.

Unter 23 Milliarden Euro werde man im laufenden Jahr wohl nicht kommen, räumte Cryan ein. Das liege allerdings hauptsächlich daran, dass sich der geplante Verkauf einzelner Geschäftsteile verzögere. Die Bankspitze zeigte sich aber optimistisch, Abnehmer zu finden – anders als im Fall der Postbank, die noch vor einem Jahr ebenfalls zum Verkauf stand.