75 Jahre nach ihrer Gründung feiert die Landesmesse einen neuen Umsatzrekord. Allerdings sind die neuen Hallen auf den Fildern schon wieder in die Jahre gekommen. Die Kosten für die Instandhaltung nagen künftig am Gewinn.

Stuttgart - Im 75. Jahr ihres Bestehens kann die Landesmesse auf den Fildern einmal mehr Rekordergebnisse vorweisen. Mit 137 Millionen Euro wurde im Geschäftsjahr 2014 – einem geraden und daher wegen des zweijährigen Turnus’ vieler Messen starken Messejahr – der höchste Umsatz in der Unternehmensgeschichte erzielt. Auch bei den Besuchern liegt die Ausstellungswelt mit 1,33 Millionen Menschen über dem Vergleichsjahr 2012 (1,27 Millionen) und nur knapp hinter dem Eröffnungsjahr 2008, als 1,34 Millionen Menschen das neue Gelände in Augenschein nahmen.

 

Sichtlich stolz präsentierten am Donnerstagabend auf dem Jubiläumsneujahrsempfang vor 1800 geladenen Gästen die beiden Geschäftsführer Ulrich Kromer und Roland Bleinroth ihre Bilanz. Neben Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) gab sich erstmals auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Ehre; noch zu Oppositionszeiten war der Grüne ein vehementer Gegner des Neubaus auf den Fildern. „Dass einer, der einst ein Gegner war, jetzt das Lied der Sieger singen muss, ist schon pikant“, kommentierte Kretschmann seine Rolle in seiner Rede. Ökonomisch sei die Messe zweifelsohne ein Erfolg, so der Ministerpräsident, „aber die Versiegelung der Lößlehmböden ist auch ein Teil der Geschichte“. Immerhin auf den Dächern sei „der Gedanke der Nachhaltigkeit“ mit den Solaranlagen sichtbar. Für Fritz Kuhn suche die Messe „heute schon die Antwort auf die Dinge, die erst morgen passieren“, sagte der OB in seiner Rede. Wir bräuchten ihre Innovationskraft und ihren Erfolg, „damit die Wirtschaft ein gutes Schaufenster hat“.

Im Vorfeld der Feier mokierte sich die Fraktion der Linken im Regionalparlament über das 75-Jahr-Jubiläum an sich: Der Beschluss zur Gründung der Messe 1940 sei von einem „von den Nazis gleichgeschalteten Gemeinderat“ gefasst worden. Erklärtes Ziel der Nazis sei die Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben gewesen. Vor diesem Hintergrund halte die Linke Jubiläumsfeierlichkeiten für „geschmacklos und nicht angemessen“.

Jenseits der Debatte über die Historie ist festzuhalten: Seit dem Umzug der Messe vom Killesberg an den Flughafen haben sich die damit verbundenen Wachstumsprognosen erfüllt. So stieg etwa die Zahl der Aussteller ebenfalls auf ein neues Rekordniveau – nämlich 21 399. Auch die Zahl ausländischer Aussteller nahm wieder zu.

Ersatzinvestitionen verringern künftig den Gewinn

Unterm Strich fiel 2014 der erwirtschaftete Überschuss allerdings mit 15 Millionen vor Pacht und Ertragssteuer geringer aus als noch 2012 (21,5 Millionen). Nach Angaben von Bleinroth muss dabei berücksichtigt werden, dass die beiden Messe-Zugpferde, die Rollladenschau R+T sowie die Weinbau- und Obstmesse Intervitis/Interfructa, 2014 wegen ihres dreijährigen Turnus nicht in die Bilanz einflossen. Davon losgelöst dürfte der erwirtschaftete Gewinn künftig trotzdem niedriger ausfallen: Da an den mittlerweile sieben Jahre alten Messehallen der Zahn der Zeit nagt, muss die Messe künftig über die Pacht, die sie an die Projektgesellschaft Neue Messe als Eigentümer zahlt, auch für die fälligen Ersatzinvestitionen Rücklagen bilden. Ulrich Kromer rechnet dabei mit bis zu 65 Millionen Euro in den nächsten Jahren.

Unabhängig davon ist Kromer nicht nur mit dem Jahr 2014, sondern insgesamt mit den Geschäften seit 2007 mehr als zufrieden: „Wir haben seither unsere Standfläche verdreifacht, die Zahl unserer Aussteller ebenso, und der Umsatz hat sich nahezu verdoppelt.“ Zudem ist die Messe laut einer Studie die am stärksten wachsende in der Republik (die StZ berichtete). Das zeigt sich auch an der wachsenden Zahl der Messen und Kongresse: 2012 waren es 67 Messen, 2014 immerhin fünf mehr. Neben der Caravan, Motor und Touristik, dem absoluten Flaggschiff der Messe Stuttgart, ragte dabei vor allem die Maschinenbauschau AMB hervor, die allein über 90 000 Besucher vorzuweisen hatte. Das internationale Congresscentrum war mit 134 Veranstaltungen ebenfalls gut ausgelastet. Hinzu kommen zahlreiche Gastmessen, die rund 222 000 Besucher anzogen.

Sponsor und Namensgeber für neue Halle gefunden

Weiteres Wachstum versprechen sich Kromer und Bleinroth vom Bau der neuen, 14 600 Quadratmeter großen Halle 10, die rechtzeitig zur CMT 2018 nutzbar sein soll. Damit stockt die Messe ihre Gesamtfläche auf 120 000 Quadratmeter auf. Im Herbst soll der Grundstein für die Halle gelegt werden, für die auch schon ein Sponsor und Namensgeber gefunden wurde: der Tübinger Präzisionswerkzeugproduzent Paul Horn. „Unser Zeitplan für den Neubau ist ehrgeizig, aber machbar“, so Kromer.