Den Endersbacher Wein- und Obstbauern Werner Hundt haben die Temperaturstürze im vergangenen Frühjahr hart getroffen. Jetzt fordert er Land und Bund auf, sich an einer Risikoabmilderung zu beteiligen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Weinstadt - Seit seiner Lehre, die er mit 16 Jahren absolviert hat, ist Werner Hundt beruflich im Wein- und Obstbau tätig. Das Spektrum an Lust und Leid, das er mit dem Wetter erlebt hat, ist breit. Eine Konstellation wie im vergangenen Frühjahr ist jedoch auch für den 55-Jährigen ein bis dahin so nicht gekanntes Extrem gewesen.

 

Der Weinbaumeister weiß noch genau, wie er sich nach der ersten Frostnacht an jenem 20. April früh morgens auf den Weg zum Großmarkt nach Stuttgart gemacht hat. Daheim in Endersbach zeigte das Thermometer noch minus 3,5 Grad, einige Meter weiter gar minus fünf. „Da dachte ich mir schon, wenn jetzt die Sonne kommt, ist alles kaputt.“ In den Weinbergen, auch in tieferen Lagen, hätten die Pflanzen in den Tagen und Wochen zuvor „extrem ausgetrieben“. Obwohl er die Maxime seines Großvaters – verteil dein Gut gut – immer beherzigt habe, erwischte es den Familienbetrieb flächendeckend. Egal, ob in Endersbach, Großheppach oder Schorndorf – die Weinberge sahen drei Wochen „kahl wie die Nacht“ aus, sagt Werner Hundt. Er habe sich schon darauf gefasst gemacht, alles zu roden. Am Ende sei es nicht ganz so schlimm ausgefallen, einige Reben hätten noch mal neu begonnen – aber mehr als die Hälfte habe man abschreiben müssen.

Stein- und Kernobsternte ist komplett ausgefallen

Noch deutlich schlimmer habe es im Obstbau ausgesehen. „Da war alles radikal braun. Die Bäume haben ausgesehen, als seien sie abgebrüht worden.“ Egal, ob Stein- oder Kernobst, die Ernte sei in diesem Jahr komplett ausgefallen. Trotzdem habe man den gleichen Aufwand in Pflanzenschutz und Pflege wie in ertragreichen Jahren investieren müssen. „Das ist, als ob man zur Arbeit geht, aber keinen Lohn dafür erhält.“ Deshalb sei man dem Land sehr dankbar, dass es betroffenen Landwirten finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt habe. Allein aus dem Rems-Murr-Kreis wurden laut Angaben des Landratsamts 185 Anträge eingereicht, man geht von einem Volumen in Höhe von gut 5,5 Millionen Euro aus. Landesweit werden die gemeldeten Schäden auf 110 Millionen Euro geschätzt.

Überwiesen sei freilich noch nichts, sagt Werner Hundt. Er hofft, dass die Entschädigungen im Januar fließen. Dennoch: „Hut ab vor der Politik für die Ad-Hoc-Hilfe“, sagt Hundt, der selbst für die CDU im Kreistag sitzt, „aber jetzt sollte man in Stuttgart oder Berlin dringend nachdenken, wie man sich für künftige Ereignisse rüstet“. Der meteorologische Trend deute klar in Richtung milder Winter und damit früher Vegetationsperioden. „Durch darauf folgende Spätfröste sind unsere Sonderkulturen höchst gefährdet“, sagt Hundt.

Frostberegnung im Rems-Murr-Kreis kaum möglich

Weil in Regionen wie dem Rems-Murr-Kreis mit seiner klein parzellierten Bepflanzung wirksame Maßnahmen wie Frostberegnung kaum möglich sind, müsse man über eine Risikoabfederung nachdenken, sagt Hundt: über eine Frostausfallversicherung mit staatlicher Beteiligung. Im Weinbau sei eine solche Mehrfachgefahrenabsicherung zwar möglich, die Prämien für einen Kleinbetrieb aber unerschwinglich. Und für den Obstbau müsste so etwas gar erst „erfunden“ werden.

Hundt hat die Problematik jüngst im Kreistag angesprochen, weiß aber auch, dass dies auf anderer Ebene anlaufen müsste. Finanziellen Spielraum gäbe es seiner Ansicht nach durchaus, anderen EU-Ländern sei die Förderung des Wein- und Obstbaus schließlich auch etwas wert. „Italien gibt in einem Fünfjahreszeitraum dafür 1,2 Milliarden Euro aus, Frankreich sechs bis sieben Millionen, sogar Rumänien ist mit einer halben Million dabei – Deutschland hingegen gibt bisher überhaupt nichts.“