Ein Jahr nach den Protesten auf dem Maidan besteht die Chance, das Land zu demokratisieren, kommentiert StZ-Mitarbeiterin Nina Jeglinski. Denn die Zivilgesellschaft ist breiter geworden.

Kiew - Vor einem Jahr hat sich die Ukraine für einen Weg der Emanzipation entschieden. Die Maidan-Demonstranten, die seit Ende November 2013 für die Absetzung der verhassten Regierung unter dem damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch gekämpft hatten, waren erfolgreich. Das Regime musste praktisch über Nacht fliehen.

 

Am 22. Februar 2014 erodierte die alte Macht in Kiew, und es rückten neue, unverbrauchte Kräfte nach. Doch die bestimmen bislang nicht das Mehrheitsbild in der von Präsident Petro Poroschenko angeführten prowestlichen Regierung. Wie der Präsident steht auch Regierungschef Arsenij Jazenjuk für eine Politikergeneration, die zwar nicht zum alten System gehört, aber davon geprägt wurde. Sowohl Poroschenko als auch Jazenjuk waren in den vergangenen zehn Jahren in mehreren Regierungen Minister oder hatten hochrangige Posten. Das Personal hat sich im vergangenen Jahr also nicht komplett erneuert. Doch es besteht eine Chance für einen Umwandlungsprozess. Die Zivilgesellschaft in der Ukraine ist größer und aktiver geworden, und sie ist besser vernetzt. Wenn die EU tatsächlich Interesse an einer europäischen und demokratischen Ukraine hat, muss sie Geduld aufbringen. Denn bis dieser Prozess die erhofften Früchte trägt, wird es noch zehn bis 15 Jahre dauern.