Ein bisschen zu warm, zu nass und zu sonnig – das Wetter 2016 präsentierte sich im Schnitt unauffällig aber mit einigen Extremen. So war der Juni in Stuttgart viel zu feucht und der September deutlich zu heiß.

Stuttgart - Das Tröstliche am menschlichen Gehirn ist ja seine Vergesslichkeit. Zumindest manchmal. Was haben nicht alle Freiluftfans im vergangenen Juni leise vor sich hingeflucht. Regen satt, mal in sintflutartigen Dimensionen, mal stoisch gleichmäßig und lang anhaltend. Daran erinnert man sich aber komischerweise kaum noch, obwohl es massenhaft geplatzte Gartenfeste und Grillpartys gab. Dazu noch Legionen aufgeweichter Radelfahrer, einsamer Kassierer in den Kassenhäuschen der Freibäder und genervter Cabrio-Besitzer, die beim ersten Sonnenstrahl erst einmal die Betriebsanleitung lesen mussten, weil sie das Dach seit Menschengedenken nicht mehr geöffnet hatten.

 

Aber so ist das eben – Rekorde sind extrem, und der Juni 2016 war der nasseste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1951. Satte 181 Liter prasselten an der Messstation des Deutschen Wetterdienstes am Schnarrenberg nieder. Das ist fast das Doppelte des langjährigen Mittels von 93,2 Litern und damit ein Allzeitrekord für den Monat Juni. Und einer mit Folgen, denn trotz des staubtrockenen Finales geht 2016 als ein wenig zu nass in die Wettergeschichte ein. Die 693,9 Liter pro Quadratmeter entsprachen 104,6 Prozent des langjährigen Mittels, obwohl neben dem Juni nur noch die Monate Januar, Februar und Oktober zu nass waren.

Temperaturkapriolen im Februar

Aber gehen wir der Reihe nach durchs Jahr 2016: Die ersten beiden Monate hatten für Winterfans fast nichts parat – außer einigen meteorologischen Achterbahnfahrten. Ein paar wenige Tage im Januar gab es Schnee, am 20. des Monats sank dann die Temperatur am Flughafen sogar auf zittrige minus 17,2 Grad – nur um sechs Tage später auf frühlingshafte 16 Grad zu steigen. Das war Rekord für einen 26. Januar. Über den Februar legen wir mangels Schnee oder sonstiger Nettigkeiten den Mantel des Schweigens.

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Das Frühjahr ist ja die Zeit des Erwachens und der frischen Farben. Alles so schön bunt hier. Die Natur lebt auf, und der Mensch versucht das auch. Manchen gelingt es, andere erklären sich lieber frühjahrsmüde, und wieder andere schimpfen auf das Wetter, von dem viele in Zeiten des Klimawandels erwarten, dass man sich von März an im Straßencafé den ersten Sonnenbrand der Saison einfangen kann. Da hätte man 2016 allerdings seine Not damit gehabt. Am meteorologischen Frühjahrsbeginn am 1. März war es in Stuttgart unangenehm kühl, gut 90 Tage später gab es am 29. Mai ein Frühjahrs-Bye-bye mit satten 45,4 Liter Regen. Dazwischen war das Frühjahr etwas lichtschwach. Und danach kam der Wasserjuni.

Wengerter waren im September in Sorge

Am Ende des ersten Sommermonats hielten dann fast alle die Warnung vor der Erderwärmung für eine Mär. Was bitte soll das sein, wenn das Einzige, was im Freibad läuft, die warme Dusche ist? Aber die Antwort kam dann im ersten Herbstmonat, dem September. Die Wengerter waren in Sorge. Der feuchtwarme Sommer hatte die Population der asiatischen Kirschessigfliege ansteigen lassen, man hoffte auf eine Periode von zehn Tagen mit mehr als 28 Grad trockener Hitze als Kampfmittel gegen die Traubenritzer, die aber für September so wahrscheinlich ist wie Neuschnee Ende Mai. Aber dann kam es tatsächlich so, der September war mit 18,1 Grad im Schnitt zusammen mit dem 1999 der wärmste in der Wetterhistorie. Als am 11. des Monats vier der fünf städtischen Freibäder schlossen, zeigte das Thermometer 30 Grad, zwei Tage später registrierte man an der Station Schnarrenberg 32,3 Grad und damit den zweitheißesten Septembertag aller Zeiten.

Die Wengerter atmeten auf, die Kirschessigfliegen starben beleidigt. Dafür sorgten sich die Reifenhändler ums Geschäft. Wer denkt schon bei Sommerwetter an den nahen Herbst oder gar den Winter. Aber die Jahreszeiten kamen dann doch noch, zwar nicht mit Schnee, aber mit halbwegs normalen Temperaturen und statistisch eher unauffällig. Mit Ausnahme des Dezembers – siehe unten stehenden Artikel.

Am Ende verabschiedet sich ein Jahr, das um etwa 1,4 Grad zu warm war, an dem sich die Sonne mit 102,7 Prozent des langjährigen Mittels nicht lumpen ließ und das wegen der Wasserstürze im Juni auch um 4,6 Prozent nasser war als ein Durchschnittsjahr. Und jetzt – auf ein Neues.