Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Die gelben Muscheln führen in den ältesten Siedlungskern der Tübinger Altstadt, ins Weingärtnerviertel, wo sich nur wenige Touristen hinverirren und wo die beinahe romanische Jakobuskirche steht. Ihr schlichter Bau wirkt gedrungen, weil das Kirchenschiff einst wegen des ständigen Hochwassers zwei Meter aufgefüllt wurde. Hier gingen die ersten Jakobspilger auf den Weg, hier hat man mittelalterliche Jakobsmuscheln gefunden, und hier ist der Endpunkt meiner Tagesreise. Die Tür knarzt, das Schiff ist dunkel. Ein Dutzend Menschen haben sich zu einer Art Gottesdienst zusammengefunden, sitzen in der Apsis und schweigen. Ich setze mich dazu. Ein Freund bat mich, für ihn zu beten. Die Ruhe ist wieder da, die Dämmerung, das Kerzenlicht. Das Schweigen wird ab und zu durch Orgelspiel durchbrochen.

 

Irgendwann wuchte ich die schmerzenden Knie in die Höhe, es ist Nacht geworden. Ich schlage das Portal zu, am rechten Türbogen leuchtet die gelbe Muschel auf. Mein lieber Jakobsweg, vergess es für heute. Am Bahnhof gibt's Döner.

Am nächsten Tag sind die Waden steinhart und die Sehnen schmerzen. Ich will diesen Weg nicht in Tübingen enden lassen, sondern dahinter. Der Route führt über den Schlossberg hinauf zur Wurmlinger Kapelle und dort weiter nach Rottenburg, dann in das Elsass hinein. Dahinter kommen die Pyrenäen und nach 2200 Kilometern Pilgerweg Santiago de Compostela, danach der Atlantik, Amerika, der Pazifik, Asien. Vor der Wurmlinger Kapelle kehre ich um. Eines Tages werde ich weitergehen.

Wegbeschreibung der Etappe unter www.fernwege.de/d/jakobsweg