Ein Jahr nach ihrem Start ist die erste Jamaika-Regierung Deutschlands in der Realität angekommen.

Saarbrücken - Als Ministerpräsident Peter Müller in der vergangenen Woche während der Haushaltsdebatte im Landtag Schach spielend auf der Regierungsbank fotografiert wurde, war das für die Opposition der letzte Beweis dafür, dass er die Lust am Regieren verloren hat. Journalisten sahen darin ein weiteres Indiz, dass Müller nach elf Jahren als Regierungschef des kleinsten Flächenlandes aus der Politik aussteigen möchte.

Eine neue Aufgabe hat der frühere Richter, der derzeit neben seinem Amt als Ministerpräsident auch das des Justizministers ausübt, nach sich hartnäckig haltenden Gerüchten auch schon im Visier: beim Bundesverfassungsgericht. Dort scheidet in diesem und im nächsten Jahr jeweils ein Richter aus, für den die Union das Vorschlagsrecht hat. Fraglich allerdings ist, ob ein Ministerpräsident selbst mit einer gewissen Schamfrist an das oberste deutsche Gericht wechseln kann, ohne dass Zweifel an dessen parteipolitischer Neutralität aufkommen. Müller bestreitet die ihm nachgesagten Ausstiegspläne, doch die Tatsache, dass er auf dem CDU-Parteitag am 15. November in Karlsruhe als derzeit dienstältester Ministerpräsident nicht für einen Stellvertreterposten von Angela Merkel antritt und zugunsten von Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer auf seinen Posten als gewähltes Mitglied im CDU-Präsidium verzichtet, wird als weiterer Hinweis dafür gedeutet, dass der 55-Jährige seinen Abschied aus der Politik vorbereitet.

Zerreißprobe der FDP


Die Opposition im Lande kommentiert Müllers Auftreten in einem Jahr Jamaika-Regierung auf ihre Art: "Der Ministerpräsident sucht einen anderen Job, seine Partei ist mit der Nachfolgeregelung beschäftigt, die FDP zerlegt sich selbst und die Grünen haben sich auf die Zuschauerbänke verabschiedet", sagt SPD-Chef Heiko Maas. In der Tat befindet sich die FDP gerade in einer Zerreißprobe, nachdem der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Horst Hinschberger, gegen elf Mitglieder der parteinahen Stiftung eine Strafanzeige wegen Untreue stellte - darunter den Ehrenvorsitzenden der Saar-Liberalen und früheren Wirtschaftsminister Werner Klumpp.

Nachdem die Staatsanwaltschaft acht Ermittlungsverfahren eingestellt hatte, forderte Klumpp ein Parteiausschlussverfahren gegen den Fraktionsvorsitzenden. Der Parteivorstand unter Landeschef Christoph Hartmann lehnte das ab, Hinschberger entschuldigte sich öffentlich, doch Stiftungsvorstand Horst Rehberger, früherer Wirtschaftsminister im Saarland und in Sachsen-Anhalt und seit 2006 dortiger FDP-Ehrenvorsitzender, schob prompt eine Rücktrittsforderung gegen den Fraktionsvorsitzenden nach. Seit zwei Wochen versucht Hartmann vergeblich nach einer Lösung aus dieser Krise und gerät zunehmend selbst unter Druck der Parteibasis.