Die Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition sollen in wenigen Tagen schon starten. Das gab Angela Merkel bei einer Pressekonferenz am Montag bekannt.
Berlin - Nach der Einigung von CDU und CSU am Sonntag sollen die Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition am Mittwoch nächster Woche beginnen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lud FDP und Grüne zu getrennten Sondierungsgesprächen für eine Jamaika-Koalition ein.
Demnach sind am 18. Oktober zunächst Beratungen zwischen Union und FDP sowie zwischen Union und Grünen geplant. Am Donnerstag wollen dann FDP und Grüne sondieren, wie aus Verhandlungskreisen verlautete. Am Freitag schließlich sprechen CDU, CSU, FDP und Grüne erstmals gemeinsam in großer Runde, wie Merkel weiter sagte.
Verhandlungen nachdem sich CDU und CSU geeinigt haben
Für Zündstoff dürfte dabei die unionsinterne Verständigung auf eine Flüchtlings-Zielmarke sorgen. CDU und CSU hatten sich am Sonntagabend auf das Ziel verständigt, maximal 200 000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen. Der Kompromiss sieht aber Ausnahmen für Sondersituationen vor. Außerdem bekennen sich CDU und CSU ausdrücklich zum Recht auf Asyl im Grundgesetz und zur Genfer Flüchtlingskonvention.
Die Grünen sehen die Einigung kritisch. Der Kompromiss enthalte „Punkte, die wir bisher klar abgelehnt haben“, darunter die Festlegung sicherer Herkunftsländer und Abschiebeeinrichtungen, sagte die Parteivorsitzende Simone Peter im WDR. Zudem wolle die Union die verschiedenen Flüchtlingsgruppen gegeneinander ausspielen.
Merkel sieht Kompromiss von CDU und CSU als eine gute Grundlage für Gespräche
Eine Einigung bei den anstehenden Sondierungsgesprächen mit Union und FDP schloss Peter gleichwohl nicht aus. „Wir gehen in diese Gespräche, wir werden unsere Anliegen deutlich machen“, sagte sie. „Entweder es reicht, oder es reicht nicht. Beide Optionen sind möglich.“
Merkel sieht in dem Kompromiss hingegen eine gute Grundlage für Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen. CDU und CSU hätten ein „gemeinsames Ergebnis erreicht, dass ich für eine sehr sehr gute Basis halte, um dann jetzt in die Sondierungen zu gehen mit FDP und Bündnis 90/Die Grünen“, sagte sie bei der Pressekonferenz mit Seehofer.
So sieht der Unionskompromiss aus
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, sprach von einer „menschenrechtlichen Bankrotterklärung“. „Dies ist die Fortsetzung der Anbiederung an den rechten Sumpf, die schon vor den Wahlen die Rassisten von der AfD stark gemacht hat.“
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband reagierte harsch: „Vorschläge wie die Verhinderung des Familiennachzugs oder die dauerhafte Kasernierung in Aufnahmelagern sind mit den Menschenrechten kaum vereinbar und schlicht inhuman“, kommentierte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. „Humanität hatte in der Bundesrepublik noch nie eine Obergrenze und darf eine solche auch nie haben.“
Der Unionskompromiss sieht vor, dass neu ankommende Asylbewerber in sogenannten „Entscheidungs- und Rückführungszentren“ bleiben, bis über ihre Verfahren entschieden ist. Falls Anträge abgelehnt werden, sollten die Betroffenen von dort aus zurückgeführt werden.
Die CSU ist über den Kompromiss glücklich
Auch AfD-Fraktionschef Alexander Gauland lehnte die Einigung ab, wenn auch mit anderer Begründung. „Allerdings ist diese Zahl [von 200 000 Menschen] nicht nur willkürlich und viel zu hoch festgelegt, sondern auch pure Augenwspischerei, da trotzdem niemand an der Grenze zurückgeschickt werden soll“, erklärte er.
Mit Zufriedenheit reagierte hingegen die CSU. Generalsekretär Andreas Scheuer sagte im Bayerischen Rundfunk: „Die CSU ist sehr zufrieden.“ CDU und CSU hätten das gemeinsame Ziel, die Zuwanderung nach Deutschland nachhaltig und auf Dauer zu reduzieren. „Neben der zahlenmäßigen Klarstellung“ gebe es dazu einen konkreten Maßnahmenkatalog. Auf die Frage, ob das nun wirklich die von der CSU geforderte Obergrenze sei, sagte Scheuer: „Wenn die Inhalte passen, dann ist sie das.“ Vom möglichen Koalitionspartner verlangte er im ZDF-„Morgenmagazin“: „Die Grünen müssen endlich einmal zur Realität zurückkehren.“
CSU-Vize stolz auf Seehofer
CSU-Vize Manfred Weber verlangte ein Ende der CSU-internen Debatten über die Zukunft von Parteichef Horst Seehofer. Seehofer habe eine zentrale CSU-Forderung gegenüber der CDU durchgesetzt, sagte Weber am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist ein großer Erfolg für die CSU und ganz persönlich für Horst Seehofer.“ Er betonte: „Es ist ein wuchtiger Erfolg, dass die 200 000 als Zahl und Obergrenze fixiert sind.“ Zum Inhalt der Vereinbarung sagte er: „Es ist ein Mittelweg zwischen Hilfestellung und Humanität auf der einen Seite und der Anerkenntnis einer begrenzten Leistungsfähigkeit bei der Integration auf der anderen Seite.“