Nach den Finanzen geht es bei den Jamaikasondierung bei den Reizthemen Klimaschutz und Flüchtlinge nun ans Eingemachte. In der Flüchtlingspolitik gibt sich die Union kompromisslos, beim Klimaschutz kompromissbereit.

Berlin - Die Unionsparteien gehen mit einem Kompromissangebot in die wichtigen Koalitionsgesprächen an diesem Donnerstag, bei denen die Knackpunkte Zuwanderung und Klimaschutz verhandelt werden. So sind CDU und CSU nach übereinstimmenden Angaben aus Verhandlungskreisen bereit, der Grünen-Forderung nach einem Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverbrennung entgegenzukommen, falls die Umweltpartei im Gegenzug eine Begrenzung der Zuwanderung mitmachen sollte.

 

In diesem Bereich gibt sich die Union kompromisslos. „Nach unserer mühevollen internen Einigung ist klar, dass der Spielraum für Zugeständnisse in der Flüchtlingspolitik extrem eingeschränkt ist“, hieß es am Mittwoch in CDU-Kreisen. „Der Bereich ,Zuwanderung’ ist für CDU und CSU in den Verhandlungen einer der ganz zentralen Punkte – das galt schon vor der Bundestagswahl und gilt seither sicherlich noch mehr“, sagte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth dieser Zeitung: „Am Ende der Gespräche müssen Maßnahmen stehen, mit denen wir die Zuwanderung dauerhaft und für die Bürger klar erkennbar begrenzen, so dass die Zahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen die Zahl von 200000 pro Jahr nicht übersteigt.“

Knackpunkt bei der Zuwanderung ist der Familiennachzug

Als Hauptknackpunkt bei der Zuwanderung dürfte sich die Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge erweisen, die nur den sogenannten subsidiären Schutzstatus genießen. Die Grünen dringen darauf, diesen Menschen zu ermöglichen, Kinder und Ehepartner nachkommen zu lassen. Die Union will dies für zwei weitere Jahre nicht erlauben. „Ich sehe Kompromisschancen, so lange der Richtwert eingehalten wird“, sagte der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster in Bezug auf die unionsintern vereinbarte Zahl von 200 000, die verschiedene Gruppen von humanitärer Zuwanderung umfassen soll: „Mit diesen Elementen kann man flexibel umgehen. Wer an einer Stelle großzügiger sein will, muss an anderer Stelle konsequenter sein.“

Schuster brachte auch eine Regelung ins Gespräch, die den Familiennachzug für subsidiär Geschützte an die Bedingung knüpft, „dass der Nachholende nachweisen kann, dass er den Lebensunterhalt für die, die nachkommen, bestreiten kann“. Diese Regelung müsse dann aber auch für die nach der Genfer Flüchtlingskonvention in Deutschland lebenden Menschen gelten, die diesen Nachweis derzeit nicht erbringen müssen, sagte Schuster weiter.

Sollte es hier zu einer Einigung kommen, ist die Union grundsätzlich bereit, den Grünen bei dem für sie so zentralen Klimaschutz einen Erfolg zu gönnen. Eine ehrgeizige Umsetzung der Klimaziele könne es, so der in die Gespräche eingebundene CDU-Klimaexperte Andreas Jung aus Konstanz, „durch steuerliche Förderung der Gebäudesanierung, mit einem starken Programm für Elektroautos und mit einem konkreten Fahrplan für einen schrittweisen Kohleausstieg“ geben. Dabei könne auch festgelegt werden, sagte Jung weiter, „was kurzfristig in den kommenden Jahren geschieht – auf dieser Basis sollte eine Einigung mit den Grünen möglich sein“.

Kohleausstieg scheint möglich

In der CSU gilt ein „Einstieg in den endgültigen Ausstieg“ ebenfalls als akzeptabel. Allerdings will sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auch solidarisch zeigen mit den CDU-regierten Kohleländern Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, auf deren Druck bereits der Klimaschutzplan der vorherigen Bundesregierung in Sachen Kohle verwässert wurde. „Auf Teufel komm raus“ will deshalb auch CDU-Geenralsekretär den Ausstieg nicht – wenn aber Lösungen gefunden werden für die betroffenen Regionen, gilt eine Einigung als möglich. Als Verhandlungsführer der CDU ist NRW-Ministerpräsident Armin Laschet eingesetzt. Auch er soll jedoch im kleinen Kreis bereits signalisiert haben, dass der Kohleausstieg nicht zu verhindern sei.

Am Dienstagabend hatten sich die potenziellen „Jamaika“-Koalitionspartner bereits auf einige Eckpunkte zur Finanzpolitik verständigt. „Das ist ein ganz wichtiger Meilenstein, weil alle Beteiligten die Bereitschaft gezeigt haben, über Entlastungen zu sprechen“, sagte der für die FDP mitverhandelnde Michael Theurer im Gespräch mit dieser Zeitung: „Diese Sondierungen wären bereits zu Ende, wenn es keine Bereitschaft vor allen Dingen auch der Grünen gegeben hätte, über einen Abbau des Solis zu sprechen.“ Bis zum Ende der Legislaturperiode soll die Abgabe für den Aufbau Ost nach dem Willen der Liberalen für alle Bürger abgeschafft sein. Der Grünen-Finanzexperte Jürgen Trittin hatte die vermeintliche Zusage seiner Partei am Morgen jedoch unter Finanzierungsvorbehalt gestellt: „Ich bin sehr pessimistisch, was einen kompletten Abbau des Solis unter diesen Bedingungen angeht.“