Jamal Musiala zeigt bei seinem ersten Turnier-Einsatz bei der Europameisterschaft gegen Ungarn seine überragende Qualität. Jetzt freut sich der Youngster auf das Duell mit seiner früheren Heimat.

München - Mit glänzenden Augen schilderte der aufgekratzte Jamal Musiala seinen großen Moment. „Ich bin einfach reingekommen ohne Angst zu haben, etwas zu probieren. Ich habe mir einfach Sachen zugetraut“, sagte der „stolze“ EM-Debütant über seine schnellen Haken, mit denen er vor dem goldenen 2:2-Ausgleichstreffer von Leon Goretzka drei Ungarn auf sich zog.

 

Der beherzte Kurzauftritt des Kader-Kükens verzückte Mitspieler wie Fans gleichermaßen und bescherte ihm ein Sonderlob des erleichterten Bundestrainers. „Er war frech, hat die Bälle gesichert“, stellte Joachim Löw zufrieden fest: „Das war eine sehr ansprechende Leistung.“

Hilfe aus der Ratlosigkeit

Musiala bewirkte nach seiner Einwechslung in der 82. Minute in seinem vierten Länderspiel mehr als Leroy Sane in 90 Minuten. „Er ist einfach unbekümmert und hat sich keine Platte gemacht“, sagte auch ZDF-Experte Per Mertesacker begeistert. Musiala habe in einer „ratlosen deutschen Mannschaft den Unterschied ausgemacht“.

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Dabei wurde der 18-Jährige ins kalte Wasser geworfen. In den ersten beiden Turnierspielen gegen Frankreich (0:1) und Portugal (4:2) fand Löw für den Münchner keinen Platz in seinem 23er-Kader. Musiala, betonte Löw, müsse bei Turnieren noch lernen: „Es ist eine andere Drucksituation.“

Unbekümmertheit ist Trumpf

Doch davon war beim Nervenkrimi gegen Ungarn nichts zu spüren. Musiala wirbelte unbekümmert auf seiner Seite und ging ins Risiko. „Ich bin einfach mit vollem Selbstvertrauen rein. Ich hatte nichts zu verlieren“, sagte der gebürtige Stuttgarter und fügte lächelnd an: „Ich helfe gerne.“

Musiala tat sich aber auch selber einen großen Gefallen. Mit dem Achtelfinale im Londoner Fußball-Tempel Wembley gegen England geht für ihn ein Traum in Erfüllung. Das Duell gegen seine „zweite Heimat“ werde „cool“.

Matthäus plädiert für Startelfeinsatz

Musiala hatte sich erst vor seinem Debüt in der DFB-Auswahl im März gegen die Three Lions entschieden, für die er ebenfalls spielberechtigt gewesen wäre. Jetzt „freut“ er sich auf das Aufeinandertreffen - mit dem ein Jahr jüngeren Jude Bellingham von Borussia Dortmund gab es „schon Kontakt“.

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Doch welche Rolle wird Musiala einnehmen? Für Lothar Matthäus ist die Sache klar. „Er sollte von Anfang an spielen. Er hat das gewisse Etwas, das ich bei den anderen Offensivspielern vermisste habe“, sagte der Rekordnationalspieler und kürte Musiala bei Sky zum „Gewinner des Spiels“.

Es bleibt wohl die Jokerrolle

Aufgrund von Musialas Ballsicherheit und Instinkts sieht auch Rio-Weltmeister Christoph Kramer in dem „hervorragenden Eins-gegen-eins-Spieler eine echte Alternative“. Doch auch wenn Löw dessen gute Aktionen in „engen Situationen“ hervorhob, dürfte für ihn erneut die Jokerrolle vorgesehen sein.

Dabei hat er sich im Kreis der gestandenen Nationalspieler ähnlich gut eingeführt wie bei den Bayern. Musiala erinnert sich noch genau an den Moment, als er dort im Allerheiligsten ehrfürchtig in der Ecke gestanden hatte. Er habe sich nicht getraut, „mich auf den Platz von jemand anderem hinzusetzen“, erzählte er über den ersten Besuch in der Münchner Kabine. Von dieser Zurückhaltung ist auf dem Platz nichts zu sehen.