Im Rahmen des SWR Sommerfestivals ist Jan Delay mit seiner Band in Stuttgart aufgetreten. Lässig und elegant: Unterhaltung vom Feinsten.

Stuttgart - Er war gekommen um zu loben, denn an Stuttgart mag Jan Delay so einiges: das Neue Schloss, das als ansehnliche Kulisse für sein Konzert diente, die grüne Regierung, den Bahnhof. Und zwar den über der Erde. Seine Band Disko No 1 benannte er am Samstagabend kurzerhand um in Disko No "twenty-one" - aus Sympathie für die Gegner des Bahnprojekts. Wer sich schon viel und lange mit Stuttgart 21 beschäftigt, unter den verhärteten Fronten und Schwabenstreichen gelitten hat und auf einem Konzert einfach mal eine Auszeit sucht, der wollte sich in diesen Momenten am liebsten die Ohren zuhalten. Auf der anderen Seite ist es ja auch ganz schön, wenn sich ein Künstler ein bisschen mit der Stadt auseinandersetzt, in der er auftritt. Dass Delay beim Bahnnchef die Uhr zurückdrehte und von Mehdorn statt Grube sprach - nun ja, Schwamm drüber. Schließlich waren die rund 5000 Menschen nicht deshalb auf den Schlossplatz gekommen, um über Stuttgart 21 zu reden.

 

Viel besser als in der Rolle des politisierenden Künstlers ist Jan Delay nämlich als Entertainer. Und spätetstens dann lohnte es sich am Samstagabend, die Hände wieder von den Ohren zu nehmen. Disco Funk, soulige Balladen und Popsongs garnierten er und seine Band auf der Bühne optisch mit Anzügen in knalligen Farben und glamourösen Glitzerkleidchen. Unterhaltung vom Allerfeinsten, das altersmäßig gemischte Publikum ließ sich auf dem Schlossplatz gerne von Delay zum Mitmachen überreden. Pullis und Schals wurden durch die Luft geschwenkt, Hüften kreisten, es wurde gehüpft und gesungen. Die Songs vom aktuellen Album "Wir Kinder vom Bahnhof Soul" würzte Delay mal augenzwinkernd (Backstreetboys) mal huldigend (Snap) mit Coverversionen. Seine Band mit Bläsern, Guitarristen, Schlagzeuger, Keyboarder und Backgroundsängerinnen war in Dreiergrüppchen angeordnet. Das sah nicht nur gut aus, sondern hörte sich auch so an. Lässig, elegant und beschwingt ging's durch einen milden Stuttgarter Sommerabend.

Statt der Aftershowparty könne man ja eine spontane Demo gegen Stuttgart 21 machen, schlug Delay am Ende noch vor. Für große Ressonanz sorgte das bei seinem Publikum nicht. Stuttgart besteht eben doch nicht nur aus Wutbürgern - an diesem Abend jedenfalls reichte es, dass der Bahnhof nicht in Sichtweite war, damit aus einem guten Konzert eine rauschende Party werden konnte.