Jannis Lenz aus Stetten ist mit dem Kurzfilm „Wannabe“ für den Europäischen Filmpreis nominiert. Die Nominierung gilt in der Filmszene als Ritterschlag.

Kernen - Für ein paar Tage ist Jannis Lenz in die alte Heimat zurückgekehrt. Viel Zeit hat der Jung-Regisseur aus Stetten nicht, um sich daheim von Mutter Sonja und Vater Heinz verwöhnen zu lassen. Schon am Donnerstag war der 34-Jährige, der in Wien lebt, wieder in Sachen Film unterwegs – und zwar auf dem Roten Teppich beim Sarajevo Film Festival. Ein noch größerer Auftritt wartet allerdings noch später im Jahr auf Jannis Lenz. Denn sein Kurzfilm „Wannabe“ ist für den Europäischen Filmpreis nominiert, der im Dezember in Berlin vergeben wird.

 

Jannis Lenz Foto: Eva Herschmann
Obwohl es noch eine Weile hin ist, bis in der deutschen Hauptstadt die europäischen Oscars verliehen werden, hat sich im Leben von Jannis Lenz einiges verändert. Ein Sieg in Berlin würde „europaweit, aber auch international viel Aufmerksamkeit bringen“, sagt Jannis Lenz. Allein schon die Nominierung gilt in der Filmszene als Ritterschlag – und bringt zudem eine Mitgliedschaft in der Europäischen Filmakademie. „Das Interesse an meiner Person ist seitdem schon eindeutig gewachsen, und es ist natürlich eine Bestätigung für den Film und für meine Arbeit“, sagt Jannis Lenz, der neben dem Filmemachen als Studienassistent im Fachbereich Regie an der Filmakademie in Wien arbeitet.

Im Februar dieses Jahres hatte „Wannabe“, eine deutsch-österreichische Koproduktion, beim 39. Internationalen Kurzfilmfestival im französischen Clermont- Ferrand den ersten Preis gewonnen. „Das ist das Cannes der Kurzfilme“, sagt Jannis Lenz. Der Sieger des weltweit größten Kurzfilm-Festivals – aus rund 8000 Filmen, die eingereicht werden, kommen 80 in den Wettbewerb – ist automatisch nominiert für den Europäischen Filmpreis. Dort wird „Wannabe“ dann mit bis zu 14 anderen Kurzfilmen ins Rennen gehen. Die Kandidaten werden sich Ende Oktober kennenlernen. „Alle sind zum Uppsala International Short Film Festival in Schweden eingeladen, dort werden auch alle Filme vorgestellt“, sagt Jannis Lenz. Schon jetzt weiß er, dass er mit einigen „namhaften Regisseuren“ in Konkurrenz tritt.

Jannis Lenz arbeitet am Drehbuch für seinen ersten Langfilm

Derzeit arbeitet Jannis Lenz am Drehbuch für seinen ersten Langfilm. Details will er noch nicht verraten, außer, dass er sich mit alltäglichen Dingen beschäftigt, dass die Handlung in einem Familiengefüge spielt und aus verschiedenen Blickwinkeln und Episodenhaft erzählt wird. „Es basiert auf Beobachtungen, Erlebnissen und unmittelbaren Erfahrungen“, sagt Jannis Lenz. Für den Film hat er ein Staatsstipendium für Filmkunst vom österreichischen Bundeskanzleramt bekommen. Anfragen von Produktionsfirmen gibt es auch schon. „Mit denen trifft man sich, trinkt einen Kaffee zusammen, und dann weiß man schnell, welche Vorstellungen, die haben.“

Schließlich ist ein abendfüllender Film eine ganz andere Hausnummer als ein Kurzfilm. Nicht nur wegen der Geldsummen, die im Spiel sind. „Wannabe hat ein paar Euro gekostet, dank der Kameras von Freunden und Selbstausbeutung.“ Druck oder Stress für seinen ersten langen Film will sich Jannis Lenz nicht machen, zumal er im nächsten Jahr auch schon wieder einen Kurzfilm plant. Doch das ist Zukunftsmusik. Die nächsten Monate dreht sich für Jannis Lenz alles um „Wannabe“ und seine Hauptdarstellerin, die 17-jährige Coco, die mit ihrem Youtube-Kanal „Coco Channel“ beliebt und berühmt werden will.

Über den Kurzfilm „Wannabe“

Inhalt: Coco ist 17 und überzeugt, dass jeder Mensch seine 15 Minuten Ruhm bekommt, wenn er nur fest genug daran glaubt. Weil sie als Model, Tänzerin und Schauspielerin nicht weiter kommt, konzentriert Coco sich auf die Produktion ihres eigenen Youtube-Kanals. Mit ihrem „Coco Channel“ kreiert die Teenagerin eine Welt, in der sie sich mit ihren Videos im Netz so erfolgreich, beliebt und selbstbewusst darstellt, wie sie es im wirklichen Leben gerne wäre. Der Film begleitet Coco halbdokumentarisch zu echten Castings, Musikvideodrehs und beim Erstellen ihrer Youtube-Clips. Die fertigen Videoclips sind im Film nicht zu sehen, stehen aber auf Youtube und Cocos Social-Media-Seiten zur Verfügung.

Konzept: „Wannabe“ findet auf zwei verschiedenen Plattformen statt: Im Kurzfilm wird das „wahre“ Leben von Coco inklusive Härten und Rückschlägen gezeigt. Parallel dazu wird über die Verbreitung von Web-Videos über Youtube und Facebook die Kunstfigur „Coco“ geschaffen. Die im Internet veröffentlichten Videos ergeben eine eigene Geschichte und ermöglichen es, die Handlung aus einem anderen Blickwinkel anzuschauen.

Filmpreis: Der Europäische Filmpreis – bis 1997 auch unter dem Namen Felix bekannt – wird seit 1988 von der Europäischen Filmakademie (EFA) verliehen. Die Auszeichnung wird auch als „europäischer Oscar“ bezeichnet.