Die Katastrophe in Japan bewegt das Netz. Bei Twitter und Facebook bekunden viele ihre Anteilnahme - und machen mobil gegen Atomkraft.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Stuttgart – Niemand auf dem Balkon scheint zu ahnen, was gleich passieren wird. Das Video zeigt einige Personen, die sich unterhalten, einige tragen Fotoapparate in der Hand und beobachten, wie der Meeresspiegel langsam ansteigt. Als die braunen Wassermassen über einen Begrenzungswall schwappen, werden die Stimmen lauter, vereinzelte Schreie sind im Hintergrund zu hören. Kleinbusse und Segelyachten werden mitgerissen und an zerschellen an Autobahnbrücken. Es sind jene Momentaufnahmen aus dem Katastrophengebiet in Japan, die sich zu einem Bild des Schreckens zusammenfügen. Es sind Bilder und Videos von Augenzeugen, die hautnah miterlebt haben, mit welcher Zerstörungskraft der Tsunami die japanische Küste traf. Am Montagmorgen ist das Video bei Youtube aufgetaucht.

 

Ein anderes Video, das bei Facebook zu finden ist, beginnt ebenfalls recht harmlos. Das Wasser fließt wie nach einem kräftigen Regenschauer eine Straße hinab. Doch innerhalb weniger Minuten verwandelt sich das Rinnsal in einen reißenden Strom. Kleinwagen treiben an dem Amateurfilmer vorbei, dann Lastwagen und schließlich ganze Häuser. Aufgrund solcher Bilder haben sich bei Facebook in den vergangenen Tagen viele Gruppen gebildet, die den Japanern virtuell zur Seite stehen. Mehrere tausend Facebook-Nutzer sind bereits Mitglieder in den Gruppen mit der Botschaft „Pray for Japan“.

Auch die großen Internetkonzerne nehmen Anteil am Schicksal der japanischen Bevölkerung. Seit dem Wochenende bietet Google den Menschen im Krisengebiet konkrete Hilfe über eine Website an. Informationen von knapp 160.000 Personen aus Japan hat der Google Person Finder bereits gesammelt. Betroffene können über die Seite ihre Angehörigen und Freunde suchen oder selbst eintragen, was sie über vermisste Personen wissen.

Kachelmann twittert das Atomwetter

Auch bei Twitter ist die Katastrophe in Japan das beherrschende Thema. Die Schlagworte Japan, Fukushima und AKW sind laut Twitter-Trends am Montag die meist verwendeten Begriffe der deutschen User. Häufig verkünden sie ihre Anteilnahme, darunter auch Politiker wie der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus. Er schreibt: „Ich bin tief betroffen von der Tragödie in Japan. Wir haben unsere Hilfe angeboten.“ Auch Promis wie Paris Hilton schalten sich in das Thema ein. Die Hotelerbin ruft ihre Fans dazu auf, für Japan zu beten. Jörg Kachelmann hingegen wendet sich dem Thema auf seine eigene Weise zu. Der Moderator twittert über das Wetter in Japan und darüber, wie sich Wind und Regen auf die Ausbreitung der Radioaktivität auswirken. Kachelmann schreibt: „Was auch immer aus den AKWs raussuppt, es wird Richtung Land geweht.“

Die Gefährdung durch Radioaktivität treibt auch die Twitterer in Deutschland um. Beim Nachrichtendienst ist die Diskussion über Laufzeiten neu entbrannt. Merkel und Atomkraft stehen seit dem Wochenende weit oben in der Rangliste bei Twitter. „Atomkraft, nein danke! Nichts gelernt“, twittert ein Nutzer, ein anderer tippt: „Die Natur rächt sich am Menschen.“ Viele Statements richten sich gegen die CDU und die Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich für verlängerte Laufzeiten eingesetzt haben. Der User zamonia spielt auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg an und schreibt: „Bis letzte Woche war die Atomkraft noch ganz sicher. Jetzt entdeckt Frau Merkel, dass dem doch nicht so ist. Wohl Angst vor dem 27. März?“ Es ist eine Protestwelle, die auch bei Facebook viele Anhänger findet. Dort engagieren sich die Atomkraftgegner mittlerweile als „Botschafter gegen Atomkraft“ und verzieren reihenweise ihre Profilbilder mit dem Symbol der lachenden Sonne und der Aufschrift: „Atomkraft? Nein danke.“