Musik schwelgerisch schön klingen zu lassen, ohne banal oder kitschig zu sein: Wie das geht, hat die englische Band GoGo Penguin in der Spardawelt gezeigt.

Stuttgart - Ein 17-jähriger Hochbegabter und seine Studentenband machen derartig Alarm am Dienstagabend in der Spardawelt, dass man sich Augen und Ohren reibt. Der aus Urach stammende Saxofonist Jakob Manz, den die Musikhochschule Stuttgart aufgenommen hat, als er 16 war, verfügt über immense Musikalität und einen bereits runden, reifen Ton. Dazu kommt ungestümer jugendlicher Enthusiasmus, der die ganze Band beflügelt. Hannes Stollsteimer spielt ein extrem cooles Piano, Frieder Klein einen herrlich knurrenden Bass und Paul Albrecht ein kraftvoll voranstürmendes Schlagzeug. Von diesen jungen Herren wird noch zu hören sein.

 

Für eine Hauptband kann ein solches Vorprogramm die Hölle sein, nicht aber für das Klaviertrio GoGo Penguin aus Manchester: Zu weit weg ist der jugendliche Starkstromjazz von der hymnischen Mischung aus minimalistischen Trip-hop-Mustern, schwelgerischem Piano-Überfluss, Breakbeats und englischer New Romantics-Attitüde. Massive Attack, Portishead, Brian Eno und The Cure scheinen da als entfernte Einflüsse durch und natürlich E.S.T., doch statt von nordischer Kühle wird die Musik dieser Nordengländer angetrieben vom urbanen Pulsieren einer aus der Asche auferstandenen Ex-Industriestadt.

Wuchtig schiebt der Bass die Musik an

Der Pianist Chris Illingworth ist ein hoffnungsloser Romantiker, und seine Kunst besteht darin, nahbare, überschwängliche Themen so zu fassen, dass sie von realem menschlichem Drama künden und immun werden gegen Kitsch und Banalität. Wuchtig und druckvoll schiebt der Bassist Nick Blacka die Musik an, während der Drummer Rob Turner mit nervösem Ticken und Hämmern genialisch ein Gefühl von schwindender Zeit in Klang gießt.

Mit Stimmungen jongliert dieses intensive Trio, das einen hypnotischen Sog entfaltet. Soli sind hier Variationen von Mustern, die mitunter dramatisch gegeneinanderlaufen. Sehnsüchte, Hoffnungen und Ungewissheiten schwingen mit und laden die Hörer ein, das emotionale Driften mit eigenen Belangen zu füttern. „Transient State“ („Übergangszustand“) heißt ein Stück vom aktuellen Album „Humdrum Star“, und der Titel steht exemplarisch: In allen Stücken ist etwas in der Schwebe, liegen Ende und Anfang gleichzeitig in der Luft.

Bei diesem starken Konzert wird auch deutlich, wo das Spardawelt Eventcenter hinterm Hauptbahnhof seine Grenzen hat: Für unbestuhlte Auftritte ist die Bühne zu niedrig, für eine höhere Bühne wiederum die Decke. Zum Glück sind GoGo Penguin eine Band, bei der man auch einfach die Augen zumachen und sich treiben lassen kann.