Am heutigen 29. Oktober ist Welt-Schlaganfalltag: Im Krankenhaus oder in der Reha-Klinik sind Schlaganfall-Patienten gut versorgt. Aber wie geht es dann weiter? Was Betroffene und Angehörige schon vor der Entlassung regeln sollten.
Ein Schlaganfall ist ein Einschnitt. Rückt die Entlassung aus dem Krankenhaus oder der Reha-Klinik näher, ist klar: Draußen wartet nicht das Leben, das man vorher kannte. Vieles ist nun anders.
Schlaganfallpatienten fühlen sich nicht ausreichend betreut
Ein Großteil der Schlaganfallpatienten, der das Krankenhaus verlassen hat, fühlt sich in der Zeit danach nicht ausreichend versorgt.
- Laut einer Umfrage der Deutschen Schlaganfall-Hilfe zum heutigen Welt-Schlaganfalltag (29. Oktober) wünschen sich 70 Prozent der Befragten mehr Unterstützung.
- Etwas mehr als die Hälfte (51 Prozent) vermisst Hilfe bei den körperlichen Folgen des Schlaganfalls.
- Mehr Therapien und Reha-Maßnahmen, als sie erhalten, wünschen sich 41 Prozent der Befragten.
- Rund ein Drittel (33 Prozent) leidet unter den psychischen Beeinträchtigungen nach dem Schlaganfall und wünscht sich mehr Unterstützung bei der Bewältigung.
- 28 Prozent fühlen sich alleine gelassen bei der Einstellung ihrer Risikofaktoren, also der richtigen Gabe von Medikamenten und der Umstellung des Lebensstils, um eine Wiederholung des Schlaganfalls zu verhindern.
Patienten und Angehörige mit Situation überfordert
„Dass so viele Menschen so lange nach dem Schlaganfall Probleme haben, die Folgen ihrer Krankheit zu bewältigen, hätte ich nicht erwartet“, kommentiert Christian Voigt von der Deutschen Schlaganfall-Hilfe die Zahlen. Viele Betroffene und die Angehörigen seien offensichtlich mit der Situation überfordert.
„Deren Leben werden von jetzt auf gleich auf den Kopf gestellt“, sagt Voigt. Sich dann intensiv mit dem Gesundheitssystem auseinanderzusetzen, würden viele nicht schaffen.
Patientenschützer bestätigen Kritik
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mit Sitz in Dortmund bewertet die ambulante Betreuung von Patienten ebenfalls kritisch. „Während die Zahl der Hausarztpraxen konstant blieb, nahm in den letzten fünf Jahren die Zahl der Neurologen um 20 Prozent auf rund 9650 zu. Doch die Studie legt den Finger in die Wunde. Denn Schlaganfallpatienten werden nach der Entlassung aus dem Krankenhaus unzureichend versorgt“, erklärt Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Die Zusammenarbeit zwischen Hausarzt, Facharzt, Therapeuten und Rehabilitation funktioniere viel zu oft nicht.
Unterstützung für den Alltag
Damit der Übergang klappt, sollten sich Betroffene und ihre Angehörigen eine Frage stellen: Wo braucht es im Alltag jetzt Unterstützung?
- Wohnraumberatung: Hat der Schlaganfall zu schweren körperlichen Einschränkungen geführt? Dann kann eine Wohnraumberatung sinnvoll sein, wie die Schlaganfall-Lotsin Anke Siebdrat von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe rät. Dort kann man klären, welche Umbauten und Anpassungen das Leben zu Hause nun erleichtern können. Anlaufstelle dafür ist zum Beispiel der Pflegestützpunkt vor Ort.
- Essen auf Rädern, Hausnotruf: Gut möglich, dass sich die betroffene Person nicht direkt selbst wieder an den Herd stellen kann. Dann ist ein Angebot wie Essen auf Rädern eine Entlastung. Lebt er oder sie allein, ist auch ein Hausnotruf eine Überlegung wert.
- Hilfsmittel: Nach einem Schlaganfall brauchen viele Betroffene Hilfsmittel wie eine Orthese oder einen Rollstuhl. Sie müssen von Ärzten verordnet werden. Kliniken arbeiten in der Regel mit Sanitätshäusern zusammen, die mit der Hilfsmittel-Versorgung von Schlaganfall-Betroffenen vertraut sind, so die Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Meist tritt das Sanitätshaus vor der Entlassung mit Patienten in Kontakt, um die häusliche Versorgung zu regeln. Falls nicht, sollte man nachfragen.
Arzt- und Therapietermine ausmachen
- Arzttermine: Arzttermine für die Zeit nach der Entlassung ausmachen, am besten einen Termin in der Hausarztpraxis und einen beim Neurologen oder der Neurologin.
- Arztbesuch: Wer Schwierigkeiten hat, die vielen Medikamente einzunehmen, hat einen Anspruch darauf, dass ein Pflegedienst bei der Einnahme unterstützt, erläutert Anke Siebdrat. Wer diese Hilfe braucht, sollte das beim Arzttermin gezielt ansprechen und um eine Verordnung für Behandlungspflege bitten.
- Therapien: Stehen (weiterhin) Physio- oder Ergotherapie oder Logopädie an, sollten auch diese Termine am besten schon vor der Entlassung vereinbart werden. Wer nicht mobil ist, etwa aufgrund einer halbseitigen Lähmung, kann diese Therapietermine als Hausbesuche in Anspruch nehmen, betont Anke Siebdrat.
Gesünder essen, nicht mehr rauchen: Veränderungen anstoßen
Ein überstandener Schlaganfall heißt meistens auch: Nun muss sich etwas am Lebensstil ändern, um einen weiteren zu verhindern. Anke Siebdrat weist darauf hin, dass Hausärztinnen und Hausärzte in so einem Fall eine Ernährungsberatung verordnen können.
Wer raucht, für den lohnt es, sich bei der Krankenkasse über spezielle Angebote zur Tabakentwöhnung zu informieren. Und vielerorts gibt es spezielle Rehasport-Gruppen für Menschen, die einen Schlaganfall hinter sich haben.
Info: Aneurysma und Schlaganfall
Was ist ein Aneurysma?
Hunderttausende Bundesbürger haben ein Aneurysma, ohne es zu wissen. Der Begriff Aneurysma kommt aus dem Griechischen und bedeutet Erweiterung. Er meint eine spindel- oder sackförmige Erweiterung von Blutgefäßen, die lokal begrenzt und dauerhaft ist. Das Aneurysma – eine Art „Schlagadersack“ – kann eine Größe von einem Millimeter bis mehreren Zentimetern haben. Die Gefäßwand der Blutgefäße besteht aus drei Schichten. Werden diese Schichten an einer oder mehreren Stellen porös, verlieren sie an Stabilität und stülpen sich aus. Die Gefahr, dass sie platzen, wird dadurch immer größer.
Wie kommt es zur Hirnblutung?
Hirnarterien-Aneurysmen – auch intrakranielle (im Schädel gelegene) Aneurysmen genannt – haben ein Blutungsrisiko von bis zu zwei Prozent pro Jahr. Wenn ein Schlagadersack im Hirn platzt, kommt es typischerweise zu einer Subarachnoidalblutung. Dabei fließt Blut um das Gehirn herum und in den Bereich der Schädelbasis.
Wie häufig sind Aneurysmen?
Aneurysmen sind tickende Zeitbomben. Nach Aussage von Neurochirurgen hat man ein ständiges Blutungsrisiko, das immer über einem schwebt. Wann und wo die Gefäßwand reißt, ist nicht vorauszusagen. Statistisch gesehen haben etwa drei von 100 Erwachsenen ein Hirnaneurysma. Je größer das Aneurysma ist, umso größer ist das Risiko, dass es platzt. Langzeitstudien zeigen, dass jährlich rund 1,6 Prozent der Aneurysmen platzen.
Wie werden Aneurysmen entdeckt?
Aneurysmen fallen entweder als Blutung auf oder als Zufallsbefund bei einer heutzutage wesentlich verbesserten Bildgebung des Gehirns und seiner Gefäße. Viele Betroffene haben über Jahre oder Jahrzehnte keinerlei Krankheitssymptome. Allerdings treten bei vielen einige Wochen vor der Blutung Warnhinweise auf wie starke Kopfschmerzen oder neurologische Ausfallerscheinungen. Mediziner sprechen auch von einer Vorbotenblutung. Die Hirnblutung selbst wird von „vernichtenden“ Kopfschmerzen, Übelkeit sowie Nackenschmerzen begleitet.
Was sind die Ursachen eines Aneurysmas?
Das Risiko, dass ein Aneurysma platzt, hängt unter anderem von der Größe, Form und dem Ort der Ausweitung ab. Als mögliche Ursachen für die Ausbildung eines Aneurysmas gelten starkes Rauchen, Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und Fettstoffwechselstörungen. Hinzu kommt eine genetische Disposition: Bei rund zehn Prozent der Patienten gibt es in der Familie bereits Betroffene. Angeborene Aneurysmen führen häufig schon in jüngerem Alter zu Hirnblutungen.
Kann ein Aneurysma operiert werden?
Es gibt zwei Methoden, um ein Aneurysma aus der Blutbahn auszuschalten. Bei der klassischen operativen Methode wird der Schädel häufig oberhalb der Augen geöffnet. Der Neurochirurg verschließt das Aneurysma mit Hilfe eines Titanclips, der dauerhaft im Kopf bleibt. Dieses Verfahren wird auch Clipping genannt. Der Clip unterbricht die Aussackung vom Blutgefäß, so dass kein Blut mehr in das Aneurysma fließen kann und eine Ruptur (Riss) verhindert wird.
Wie effektiv ist die Alternativmethode?
Die zweite seit Anfang der 1990er Jahre angewendete Methode nennt sich Coiling. Beim Coilen wird ein meterlanger Katheter durch die Leistengegend eingeführt und durch die Bauch- und Halsschlagader bis in die Hirngefäße geschoben. Durch das Innere des Katheters schiebt der Neuroradiologe einen Platindraht direkt bis ins Aneurysma. Dort rollt er den spiralförmigen Draht auf, füllt den Schlagadersack aus. Eine Thrombose (Blutgerinsel) wird erzeugt, die das Aneurysma von innen verschließt.
Wie groß ist die Gefahr eines Schlaganfalls?
Laut Experten liegt bei Aneurysmen ohne Blutung, die rechtzeitig entdeckt werden, die Wahrscheinlichkeit eines Schlaganfalls „im Promillebereich“. Subarachnoidale Blutungspatienten haben demnach ein sehr hohes Risiko von 40 bis 50 Prozent, einen Gefäßspasmus zu bekommen – eine krampfartige Verengung blutführender Gefäße. Infolge dieses Vasospasmus bekommen 20 bis 30 Prozent der Aneurysma-Patienten, die eine Hirnarterienblutung erlitten haben, zusätzlich einen Schlaganfall in unterschiedlicher Ausprägung – teils ohne bleibende Schäden.
Wie gut sind die Genesungschancen?
Wenn das Aneurysma ausgeschaltet ist, schließt sich in aller Regel eine Rehabilitationsmaßnahme an. Je früher der Patient nach einer Hirnarterienblutung medizinisch versorgt wird, desto größer sind die Chancen, die Folgen der Erkrankung einzugrenzen. Dasselbe gilt auch für eine frühzeitige Rehabilitation mit Physiotherapie.