Die saudi-arabisch geführte Militärkoalition bombardiert im Jemen die Huthi-Rebellen - doch immer wieder sterben auch viele Zivilisten. Nachdem ein massiver Luftangriff eine Trauergesellschaft trifft, rücken selbst die USA von ihrem Verbündeten ab.

Sanaa - Nach dem Luftangriff auf eine Trauerfeier im Jemen mit mindestens 140 Toten hat sich die US-Regierung ungewöhnlich scharf von ihrem Verbündeten Saudi-Arabien distanziert. Eine Stellungnahme des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) legt nahe, dass Washington die Schuld für die Tragödie wohl bei der saudi-arabisch geführten Militärallianz sieht. Nur sie fliegt im Jemen Angriffe. Die Sicherheitszusammenarbeit mit dem sunnitischen Königreich sei „kein Blanko-Scheck“ und die Berichterstattung über den Vorfall „zutiefst verstörend“, erklärte NSC-Sprecher Ned Price in der Nacht zu Sonntag.

 

Der Luftangriff auf eine Trauerhalle in Jemens Hauptstadt Sanaa ist einer der schwersten seit Beginn des Bürgerkriegs. Neuen UN-Angaben zufolge wurden dabei am Samstag laut Vertretern der Gesundheitsbehörden mehr als 140 Menschen getötet und mindestens 525 verletzt.

Der Nachrichtenagentur Saba zufolge ist das von Saudi-Arabien geführte sunnitische Bündnis für die Luftangriffe verantwortlich. Die Agentur wie auch das Gesundheitsministerium unterstehen den schiitischen Huthi-Rebellen, die gegen die international anerkannte Regierung des Landes kämpfen.

Humanitäre Helfer sind erschüttert

Auch wenn die US-Regierung Saudi-Arabien bei der Verteidigung des eigenen Staatsgebiets unterstütze, „müssen und werden wir weiterhin unsere ernsten Bedenken zum Ausdruck bringen über den Konflikt im Jemen und darüber, mit welchen Mitteln er geführt wird“, erklärte Price. „Wir haben eine sofortige Überprüfung unserer bereits deutlich reduzierten Hilfe für das saudi-arabisch geführte Bündnis eingeleitet - und wir sind bereit, unsere Unterstützung anzupassen, um den Prinzipien, Werten und Interessen der USA besser gerecht zu werden.“

Der für den Jemen zuständige UN-Nothilfekoordinator Jamie McGoldrick erklärte, die humanitären Helfer im Land seien „erschüttert und entsetzt“ über den Luftangriff. McGoldrick verurteilte die Attacke, machte aber niemanden direkt dafür verantwortlich.

Das Militärbündnis teilte laut der saudi-arabischen Agentur SPA mit, es kenne die Berichte über die „bedauerliche und schmerzliche Bombardierung“ der Trauerhalle und werde den Fall zusammen mit US-Experten sofort untersuchen. Die Streitkräfte des Bündnisses hätten klare Anweisungen, keine belebten Gebiete anzugreifen und zivile Opfer zu vermeiden. Ein Schuldeingeständnis ließ sich aus der verbreiteten Stellungnahme nicht herauslesen.

Rebellen-Funktionäre unter den Opfern

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz im Jemen kündigte seine Hilfe für die Opfer des Angriffs an. Unter anderem würden 300 Leichensäcke zur Verfügung gestellt. Unter den Toten und Verletzten sollen auch ranghohe Funktionäre der Huthi-Rebellen sein.

Jemens Hauptstadt Sanaa ist seit September 2014 unter der Kontrolle der Huthis, die gegen Truppen der Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi kämpfen. Die Angriffe des saudi-arabischen Bündnisses hatten im März 2015 begonnen und trafen neben Huthi-Stellungen immer wieder auch humanitäre Einrichtungen, Märkte oder Hochzeitsgesellschaften. Viele Unbeteiligte wurden dabei getötet.

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen hatte kürzlich ihr Personal aus dem Norden des Landes abgezogen und als Gründe „willkürliche Bombardements“ und „unzuverlässige Zusicherungen“ des Militärbündnisses angeführt.

Die USA stützten den Kurs Saudi-Arabiens bislang und verlangen von den Huthis, sich aus den großen Städten im Jemen zurückzuziehen sowie ihre Waffen abzugeben. US-Außenminister John Kerry hatte trotz der Vielzahl getöteter Zivilisten gesagt, das militärische Vorgehen Riads sei eine Antwort auf die Gewalt aus dem bitterarmen Nachbarland.