Obwohl ein Blitzgerät von Jenoptik von einer Bundesanstalt zugelassen ist, sind damit gemachte Fotos in Bußgeldverfahren gegen Temposünder nicht verwertbar. Das urteilten nun zumindest die Verfassungsrichter im Saarland.

Saarbrücken/Jena - Fotos von Temposündern aus bestimmten Blitzergeräten des Herstellers Jenoptik mit Sitz in Jena hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes für nicht verwertbar erklärt. Damit feierte ein Fahrer, der innerorts mit 27 Stundenkilometern zu viel erwischt worden und eigentlich 100 Euro zahlen sollte, einen juristischen Erfolg. Der Verfassungsgerichtshof hob mit seinem am Dienstag veröffentlichten Urteil Entscheidungen des Amtsgerichts Saarbrücken sowie des Saarländischen Oberlandesgerichts auf.

 

Zudem kündigten die Verfassungsrichter in Saarbrücken an, in gleich gelagerten Fällen abweichende Entscheidungen saarländischer Gerichte ebenfalls zu korrigieren. Über das Saarland hinaus entfaltet das Urteil den Angaben zufolge aber keine bindende Wirkung. Bei dem Messgerät handelt es sich nach Angaben des Verfassungsgerichtshofs um das Jenoptik-Modell Traffistar S 350. Dem Innenministerium in Saarbrücken zufolge gibt es von diesem Blitzgeräte-Typ derzeit rund 30 Exemplare in saarländischen Kommunen.

Nicht alle Messdaten werden gespeichert

Im Kern hatte der betroffene Fahrer, der im saarländischen Friedrichsthal geblitzt worden war, moniert, dass das von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassene Gerät nicht alle Messdaten speichere. Es sei ihm daher nicht möglich, Messfehler aufzuzeigen. Der Fahrer beantragte im Bußgeldverfahren, ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen. Das taten den Angaben zufolge weder das Amts-, noch das Oberlandesgericht - sehr wohl aber nach der Verfassungsbeschwerde der Verfassungsgerichtshof.

Angehört wurden von ihm Experten der Uni des Saarlandes, der PTB sowie ein Verkehrssachverständiger. Anschließend kamen die Verfassungsrichter zu dem Schluss, dass die derzeit von dem Gerät gespeicherten Daten „keine zuverlässige nachträgliche Kontrolle des Messergebnisses“ erlauben. Die Speicherung der Rohdaten sei aber technisch ohne größeren Aufwand möglich. Insofern seien die Grundrechte des Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren und eine effektive Verteidigung verletzt.

Ein Betroffener müsse die Möglichkeit haben, die „Validität“ der standardisierten Messung zu prüfen, urteilten die Verfassungsrichter. Und zwar auch dann, wenn er zunächst keinen auf der Hand liegenden Einwand vorbringen könne.

Jenoptik beschäftigt rund 4000 Mitarbeiter

„Wir halten das Urteil für nicht richtig. Es setzt ein schlechtes Zeichen für die Verkehrssicherheit in Deutschland“, teilte Jenoptik am Dienstagabend mit. Die Messtechnik funktioniere zuverlässig und korrekt. Die Zulassung für das Messgerät durch die PTB werde durch das Urteil nicht aufgehoben.

In der Mitteilung betonte das Unternehmen, dass das Urteil nur im Saarland gelte. „Es gibt aus unserer Sicht keine Veranlassung, die Anlagen in anderen Bundesländern abzuschalten.“ Trotzdem kündigte Jenoptik an, noch im Juli der PTB eine Software-Änderung vorlegen zu wollen, die die Kritikpunkte aus dem Urteil zu den Rohmessdaten aufgreife.

Jenoptik ist einer der wenigen eigenständigen Ost-Konzerne, der in einem der wichtigen Indizes der Frankfurter Börse gelistet ist. Das Unternehmen beschäftigt rund 4000 Mitarbeiter im In- und Ausland.