Als Jettinger Feuerteufel hatten drei junge Männer von September bis Oktober im vergangenen Jahr unter Landwirten für Angst und Schrecken gesorgt. Jetzt mussten sie sich vor dem Amtsgericht Böblingen verantworten.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Erst hörte er ein Knacken, dann sah er helles Licht und kurz darauf die Funken fliegen. Der 60-jährige Landwirt lag schon im Bett, als die Brandstifter auf seinem Hof in Jettingen zuschlugen. Kurz darauf stürzte er in die Scheune, um die Pferde zu retten. „Irgendwann ist mir die Luft ausgegangen“, berichtete er am Dienstag vor dem Böblinger Amtsgericht. Zwei 21 und 20 Jahre alte Brüder sowie ihr 20 Jahre alter Freund waren wegen einer Reihe von sieben Brandstiftungen angeklagt. Bei dem Landwirt richteten sie den größten Schaden an: „Jeden Morgen werde ich daran erinnert, was passiert ist“, sagte der Mann als Zeuge vor Gericht, „wie knapp meine Frau und ich mit dem Leben davon gekommen sind.“ Wo die Scheune einmal stand, ist nun ein leerer Platz.

 

Als Jettinger Feuerteufel hatten die drei jungen Männer von September bis Oktober im vergangenen Jahr unter Landwirten für Angst und Schrecken gesorgt. Fünf Mal legten sie in dem Ort Feuer, meistens zündeten sie bei Scheunen gelagerte Strohballen an. In Burladingen im Zollern-Alb-Kreis, wo der Freund wohnt, setzten sie außerdem bei einem Discounter einen Müllcontainer in Brand und bei einer Drogerie einen Behälter mit Kartonagen. Auf 375 000 Euro bezifferte die Staatsanwältin den Schaden, den das Trio dabei anrichtete. Zu Jugendstrafen auf Bewährung verurteilte der Vorsitzende Richter die drei Täter – aber mit verschiedenen Auflagen versehen. Und bis zum Prozess saßen sie fast ein halbes Jahr in Untersuchungshaft.

Unter schwierigsten familiären Bedingungen aufgewachsen

„Ich weiß nicht, was mich geritten hat“, sagte der Älteste der Angeklagten. Der 21-Jährige hat den Hauptschulabschluss geschafft, aber keine Ausbildung. Als Bauhelfer arbeitet er und war Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Sein jüngerer Bruder war mehr oder weniger arbeitslos, kämpfte mit einer Alkohol- und Drogensucht und musste eine Haftstrafe wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln antreten. Ihr Freund hatte die Förderschule besucht und auch nichts weiteres mehr gelernt. „Es war einfach dumm“, sagte er zu den Taten, „ich habe nicht darüber nachgedacht.“ Ein Gutachter attestierte ihm „mangelnde Einsichtsfähigkeit wegen mangelnder Intelligenz“. Er empfahl für den 20-Jährigen die Unterbringung in einer Behinderteneinrichtung, wo er eine Ausbildung machen kann. Die beiden Brüder seien „unter schwierigsten familiären, prekären Bedingungen aufgewachsen“, berichtete die Jugendgerichtshelferin. Der Vater war ebenfalls straffällig und starb vor zehn Jahren an seiner Alkoholsucht, die Mutter sei überfordert gewesen. Der 21-Jährige ist abstinent geblieben. Aus „einem Geltungsbedürfnis heraus“ sei er zum Brandstifter geworden, vermutete sein Anwalt, „er wollte mal wichtig sein“. Als Feuerwehrmann löschte er sogar Brände, die er mit entfacht hatte. Sein Bruder stand bei zwei der Taten Schmiere. Damals habe er „gekifft wie ein Weltmeister“, sagte er.

Mutter gab den Hinweis

Die Mutter der Brüder hatte der Polizei den entscheidenden Hinweis gegeben: Immer wenn sie Besuch von ihrem Freund bekämen, würde es in Jettingen brennen, erklärte sie den Beamten. Die Kriminalpolizei überwachte daraufhin die Mobiltelefone der Angeklagten, am 6. Oktober wurde der Älteste von ihnen praktisch nach frischer Tat gefasst. Aufgeklärt werden konnten die anderen Fälle aber nur wegen der umfangreichen Geständnisse, die alle drei ablegten. Über das Urteil waren sich die Staatsanwältin, die Verteidiger und der Vorsitzende Richter dann einig.

Ein Jahr und acht Monate heißt es für den 21-Jährigen – ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Er muss 80 Arbeitsstunden leisten und sich einer Therapie wegen möglicher Pyromanie unterziehen. Für die beiden anderen gibt es nur dann Bewährung, wenn sie die Auflagen einhalten.

Sein Bruder wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt. Er bleibt noch bis Anfang Mai im Gefängnis, um dann in ein betreutes Wohnheim umzuziehen und eine Therapie gegen seine Sucht zu beginnen. Der Kumpel hat eine Jugendstrafe von zwei Jahren erhalten. Er muss nicht ins Gefängnis, wenn er sich einen Platz in einer Einrichtung für Behinderte sucht. Für alle drei sah der Richter eine positive Prognose. Bei dem Landwirt hatten sie sich entschuldigt.