Die Reise der Ludwigsburger Delegation auf die Krim geht zu Ende – wie die schwierige Partnerschaft mit Jevpatorija weitergeht, kann derzeit niemand sagen. Aber dass sie weitergeht, hoffen alle.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ein Bild bringt die Sache auf den Punkt. Im Freizeitzentrum von Jevpatorija zeigt Jury Teslev gerade Fotografien aus seiner Heimatstadt Jevpatorija und deren Partnerstadt Ludwigsburg. Die Ausstellung trägt den Titel „Bilder eines glücklichen Mannes“. Aber zum Glück fehlt dem Mann offensichtlich noch ein Quäntchen. Denn ins Auge sticht unter den Aufnahmen von Strandleben, Natur und Straßenszenen eine ganz besonders. Sie zeigt, was nicht geschehen ist in diesen Tagen – was sich aber wohl viele gewünscht hätten.

 

Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec steht auf dieser Fotocollage vor dem großen Banner zum 25-Jahr-Jubiläum der Städtepartnerschaft und hält ein Bild vom Ludwigsburger Schloss als Gastgeschenk in den Händen. Es ist ein Wunschtraum, wie alle Gäste der Vernissage wissen. Spec war zwar in diesen Tagen auf Dienstreise in einer Ludwigsburger Partnerstadt. Aber sein Weg führte ihn ins tschechische Novy Jicin, wo er am Stadtfest zur Feier des Kriegsendes vor 70 Jahren teilnahm. In Jevpatorija bleibt sein Stuhl leer: Das ist der Kommentar des Ludwigsburger Stadtoberhaupts zur veränderten politischen Situation auf der Krim.

Alle hoffen, dass die Partnerschaft hält

Das müsse sich wieder ändern, bitten viele, in wortlosen Gesten des Dankes oder verbalen Bekräftigungen der Wertschätzung gegenüber den deutschen Gästen. Die sind wohl gleich in zweifacher Mission unterwegs. Auch wenn alle Mitglieder der Delegation betonen, privat zu reisen, registrieren sie die Botschaften an die Ludwigsburger Stadtverwaltung sehr genau. Keiner mag sich in Jevpatorija vorstellen, dass nach 25 Jahren zu Ende gehen soll, was so liebevoll gepflegt wurde, und mogelt sich um deutliche Worte zur großen Politik herum.

Spec bekräftigt den Wunsch nach Fortführung ebenfalls noch einmal per SMS, die Ulrich Hebenstreit, der Vorsitzende des Freundeskreises Jevpatorija, beim Abendessen mit der Bürgermeisterin vorliest. Die Stimmung ist ein wenig entspannter geworden. Oljesa Kharitomento (34), die Vorsitzende des Gemeinderats, nimmt sich für diese Begegnung zwei Stunden Zeit, erzählt von ihrem Sohn, der 15 Jahre alt ist und am Wochenende seine Aufnahme in eine Militärakademie feiert. Sie holt sogar ihr Smartphone aus der Handtasche und zeigt ein Familienbild. Von ihrer politischen Einschätzung – die russische Annektierung der Krim sei eine „Korrektur der Geschichte“ – rückt die Juristin allerdings nicht ab: „Putin – Krim – für immer“ steht auf vielen großen Plakatwänden auf der Krim.

Auf den Plakaten steht: „Putin – Krim – für immer“

Natürlich wird Spec mit Ulrich Hebenstreit, Jochen Henke und Siegried Bauer vom Freundeskreis Jevpatorija die Situation sorgfältig diskutieren. Denn die Menschen in Jevpatorija hängen wie er an dieser Städtepartnerschaft, die maßgeblich von der kulturellen und sozialen Zusammenarbeit geprägt ist. Bei allen Begegnungen mit Musikern und Tänzern wird diese Leidenschaft spürbar.

Ob in der Kunstschule oder beim Mädchenchor, dessen Sängerinnen Siegfried Bauer, den Ludwigsburger Stadtmusikdirektor, nach dem gemeinsamen Konzert fast wie einen Popstar mit selbst gebastelten Geschenken feiern. Oder im Stelzentheater, das wie die Galerie im städtischen Freizeitzentrum untergebracht ist. Dort wartet Viktor Arichin schon auf die Ludwigsburger Gäste. Er sitzt nach einem schweren Autounfall momentan im Rollstuhl, den die Ludwigsburger ihm mitgebracht haben. Der Leiter des Freizeitzentrums hat den Tanz auf Stelzen, den Rainer Kittel von der Tanz- und Theaterwerkstatt nach Jevpatorija gebracht hat, dort etabliert.

Im Kinderfilmhaus bringt Julia Slepkan 60 Kindern im Alter zwischen sechs und 17 Jahren die Schauspielerei bei, das Schreiben von Drehbüchern sowie deren Umsetzung mit Kamera und Fotoapparat. Demnächst wird eine Absolventin der Ludwigsburger Filmakademie dort mit den Kindern arbeiten. An ein Ende all dieser Kooperationen mag derzeit niemand denken. Doch wie sie weitergeführt werden sollen und könnten, weiß auch Valery Batjuk, einer von fünf stellvertretenden Verwaltungschefs von Jevpatorija, nicht zu sagen.