Die offiziellen Beziehungen der Partnerstädte Ludwigsburg und Jevpatorija liegen auf Eis. Doch Siegfried Bauer, der Brückenbauer zwischen den Kommunen, hält auf privater Ebene weiter Kontakt – und macht sich große Sorgen.

Ludwigsburg sorgt sich um Partnerstadt auf der Krim“ titelte unsere Zeitung vor etwas mehr als zehn Jahren. Die Sorgen sind nicht kleiner geworden – im Gegenteil. Und dass die offizielle Verbindung zwischen den kommunalen Verwaltungen auf Eis liegt, macht die Sache auch nicht einfacher.

 

Ende Juni eskalierte die Lage: Auf der von Russland besetzten Halbinsel kam es zu mehreren Explosionen. Erst explodierte eine von Russland abgefangene ukrainische Rakete über einem Stadtstrand in Sewastopol und wenige Stunden später kam es in Jevpatorija zu ähnlichen Explosionen.

„An den Bahnhöfen sind viele Soldaten zu sehen“, sagt Siegfried Bauer. Der Ludwigsburger ist der Brückenbauer zwischen den Partnerstädten. Auch er macht sich große Sorgen um seine Freunde auf der Krim und hält regelmäßigen Kontakt. Mit E-Mails und Briefen.

Im Jahr 1990 haben Ludwigsburg und Jevpatorija ihre Partnerstadt offiziell besiegelt. 14 Mal ist Siegfried Bauer seitdem auf der Krim gewesen. „Anfangs waren es Konzertreisen“, erinnert sich der Dirigent und Musiker. „Daraus haben sich dann Freundschaften entwickelt, die auch eine russische Annexion nicht zerstören kann.“

In der Küstenstadt auf der Krim wird Bauer verehrt. Am Ende von Konzerten bildeten sich oft lange Schlangen mit Menschen, die ihm Blumen überreichten. „Ich wurde auch gebeten, Kinder zu segnen“, erzählt der 79-Jährige, der 2024 die Bürgermedaille der Stadt Ludwigsburg erhalten hat. Seit dem Jahr ist er Ehrenbürger Jevpatorijas, wo er auch ein Kammerorchester gründete.

Die Ludwigsburger Partnerstadt Foto: Locke

Als 2014 mit der Besetzung und der Annexion der Krim die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine beginnt, lässt sich Siegfried Bauer nicht von einer Reise zu seinen rund 2800 Kilometer entfernten Freunden abhalten. Auch nicht vom späteren ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk, der zu dem Zeitpunkt stellvertretender Minister des Ministerkabinetts der Ukraine und dort für die europäische Integration der Ukraine zuständig gewesen ist. „Er drohte mir mit Verhaftung – sollte ich in unsere Partnerstadt reisen“, erinnert sich Bauer.

Im Jahr 2018 war der Ludwigsburger zum bisher letzten Mal in Jevpatorija. „Ich werde dieses Jahr 80 und nicht mehr auf die Krim kommen, denn wenn ich krank werde dort, würde mich niemand rausholen – es ist zu gefährlich.“

Die deutsche Delegation beim Empfang im Rathaus 2018 Foto: privat

Von Angst berichten ihm seine Freunde nichts. Allerdings weiß Siegfried Bauer, dass sich manche auch nicht getrauen, offen zu berichten. „Sie schicken auf Fragen, wie es ihnen geht und wie die Situation vor Ort ist, dann nur einen Smiley“, sagt Bauer.

Siegfried Bauer und das Kammerorchester beim Besuch 2018 Foto: privat

Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht ist froh, dass Bauer über persönliche Freundschaften Kontakt hält. Sollte die Krim ukrainisch bleiben, würde die Stadt Ludwigsburg die Partnerschaft reaktivieren, versichert er. Doch aktuell sei die Situation nicht final geklärt, und es gebe auch keinen Friedensvertrag. Darüber hinaus habe unter anderem das Auswärtige Amt die Stadt gebeten, die Partnerschaft nicht aktiv zu pflegen, solange es vor Ort keine stabilen Verhältnisse gebe, erzählt Knecht.

Den letzten postalischen Brief hat der Ludwigsburger Rathauschef vor Weihnachten nach Jevpatorija geschickt – an die bisherige Kontaktadresse. „Mit unverfänglichen Grüßen zum Fest. Als eine Art Testballon, aber es gab keinerlei Reaktion.“