Bundespräsident
Joachim Gauck warnt vor einer Politik, die sich der Lüge bedient – das klingt wie ein Widerspruch gegen seinen neuen Amtskollegen in der USA, meint StZ-Autor Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Wer an diesem Freitag einen wirklich formidablen Präsidenten erleben wollte, konnte auf CNN und Livebilder aus Amerika verzichten. Er hätte allerdings nach München reisen müssen. Dort hielt Joachim Gauck eine seiner letzten Ansprachen als deutsches Staatsoberhaupt. Er variierte dabei ein Thema seiner Abschiedsrede in Schloss Bellevue: Es ging um die Frage, was wir der Demokratie schuldig sind. Gaucks Auftritte dieser Woche werden als Gegenmodell zu dem freitäglichen Fernseherlebnis in Erinnerung bleiben: Eloquenz ist eben nicht mit Großmäuligkeit zu verwechseln.

 

Den scheidenden Präsidenten treibt es um, „dass sich Macht wieder ohne das wahrheitsgestützte Argument durchsetzt“. Das klingt wie ein Widerspruch zum Erfolgsrezept seines eben inthronisierten Amtskollegen. Die Lüge in der Politik, schreibt Gauck allen ins Stammbuch, die sich wie jener als Heroen einer postfaktischen Epoche wähnen, sei „Rezept aller Antidemokraten“. Wer sich auf eine bloß gefühlte Wirklichkeit berufe, wolle letztlich nur die Regeln neu bestimmen. Der demokratische Diskurs ist gefährdet. Da gilt es, Dämme zu errichten, Stützmauern. Politische Stabilität ist nicht von Ewigkeit. Sie muss immer neu errungen werden. Daran mahnen die Worte aus München und die Bilder aus den Vereinigten Staaten.