Der Ex-Johnny-Cash Joaquin Phoenix spielt in dieser Krimikomödie einen bekifften Detektiv, der nicht blickt, in welche Fälle er verstrickt ist.Das sollte uns nicht verwundern: Paul Thomas Anderson verfilmt hier eine Vorlage von Thomas Pynchon, dem Meister der Verwirrung.

Stuttgart - Ein kalifornischer Sommer am Gordita Beach, 1970. Braungebrannte Surfer auf der Suche nach der perfekten Welle, hübsche Mädchen in knappen Bikinis, von „Love and Peace“ träumende Hippies – und alles ist groovy. Aber nur auf den ersten Blick. Präsident Nixons Flächenbombardements in Vietnam, Nationalgardisten, die an der Kent State University auf Kriegsgegner schießen, die Radikalisierung der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, ein Ex-Folksänger namens Charles Manson, der sich vor Gericht wegen grausamer Morde verantworten muss – in Wahrheit ist die amerikanische Gesellschaft weiter denn je von den romantischen Utopien der Blumenkinder entfernt.

 

„Inherent Vice – Natürliche Mängel“, Paul Thomas Andersons neuer Film, nimmt uns mit auf eine Reise in die Zeit der Friedens- und Protestbewegung. Von den konkreten politischen und sozialen Unruhen um das Jahr 1970 erzählt er zwar nur indirekt, aber sie bilden den prägenden Hintergrund des wilden Krimis, der von Gewalt, Verunsicherung und großer Paranoia erzählt: Der Ex-Cop Larry „Doc“ Sportello (Joaquin Phoenix) verdient seine Brötchen als Privatdetektiv. Allerdings schnüffelt er lieber dem aufsteigenden Dunst seiner Joints als verdächtigen Subjekten hinterher.

Übler als Drogenfantasien

Doch dann platzt Docs Verflossene Shasta Fay (Katherine Waterston) in die Trägheit eines grasgeschwängerten Abends und bittet um Hilfe. Shasta hat sich auf eine Affäre mit dem Baulöwen Mickey Wolfman (Eric Roberts) eingelassen. Dessen Frau Sloane (Serena Scott Thomas) will Mickey mithilfe ihres Liebhabers entführen und in der Psychiatrie verschwinden lassen. So ganz richtig scheint Mickey im Kopf tatsächlich nicht zu sein: Obwohl er Jude ist, gibt er sich mit der „Aryan Brotherhood“ ab. Aus alter Verbundenheit versucht Doc nun, dem Mädchen zu helfen, stößt im Laufe seiner Ermittlungen aber auf eine Verschwörung, die selbst die verrücktesten Drogenfantasien in den Schatten stellt.

Paul Thomas Anderson („Magnolia“, „The Master“) gilt als Meistererzähler absonderlicher, verquerer und kantiger Geschichten. Dass er sich nun an die Verfilmung eines Romans von Thomas Pynchon heranwagt, passt zu seiner Vorliebe fürs Abseitige. Pynchons Werk lässt sich kaum in Schubladen einordnen und wird vor allem von Fans komplexer, postmoderner Literatur geschätzt. In Büchern wie „V.“ oder „Die Enden der Parabel“ verwischt der Autor die Grenzen zwischen Realität und Traum und schickt den Leser auf die Spuren vertrackter Rätsel.