Im Jobcafé helfen Ehrenamtliche Arbeitssuchenden dabei, Bewerbungen zu verfassen, Lebensläufe zu schreiben oder Jobportale zu durchforsten. Ein Arbeitsloser erzählt, warum das Angebot für ihn ein Segen ist.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Filderstadt - Wer das Jobcafé in Bernhausen betritt, hört leises Murmeln und das Tippen auf Computertastaturen. Es herrscht emsige Arbeitsatmosphäre. An vier Computern sitzen jeweils zwei Menschen: einer, der auf der Suche nach Arbeit ist, und einer, der dabei hilft, sich durch Jobportale zu klicken, Lebensläufe zu gestalten, Anschreiben zu verfassen oder Zeugnisse einzuscannen. Die Hilfestellungen können ganz unterschiedlich sein, je nach dem, was der Arbeitssuchende braucht.

 

Das Angebot des Kreisdiakonieverbands Esslingen gibt es in Bernhausen seit 15 Jahren. Das Interesse ist ungebrochen, sagt Tanja Herbrik, die den Fachbereich Armut und Beschäftigung leitet. Etwa 90 Besucher kämen im Monat vorbei. Manche nur einmal, andere immer wieder. Der große Unterschied zu Jobcentern, wo ebenfalls Rechner genutzt werden können, ist, dass dort niemand über die Schulter schaut und hilft. Herbrik betont, dass die Ehrenamtlichen im Jobcafé keine fertigen Bewerbungen für die Jobsuchenden verfassen. Vielmehr werde gemeinsam daran gearbeitet. „Es bringt schließlich nichts, wenn das Anschreiben in perfekten Sätzen verfasst ist, und beim Vorstellungsgespräch kommt dann raus, dass der Bewerber kaum Deutsch spricht.“ Das Angebot sei als Hilfe zur Selbsthilfe zu verstehen. „Wir sind keine Jobbörse und bieten keine Stellen an.“

Der Weg in die Arbeitslosigkeit

Einer, der seit zehn Jahren immer wieder vorbeikommt, ist Klaus Seefeld. Der 52-Jährige, der eigentlich anders heißt, ist seit zehn Jahren ohne feste Stelle und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Dabei hat er einen ordentlichen Lebenslauf: Nach dem Realschulabschluss absolvierte er eine Banklehre und arbeitete 14 Jahre lang als Berater. Als er betriebsbedingt seinen Job verlor, entschied sich der damals 30-Jährige für ein Abendstudium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie. Mit dem Abschluss in der Tasche arbeitete er einige Jahre im Innendienst einer Sanitärfirma. Die zunehmende Digitalisierung kostete ihn auch diesen Job, woraufhin er sich selbstständig machte. „Das ging eine Weile gut, dann nicht mehr“, erzählt Seefeld. Seither kämpft er darum, wieder eine feste Stelle zu bekommen. Die Art der Tätigkeit ist ihm dabei nicht mehr wichtig: „Ich habe keine Karrierepläne mehr.“ Nur seinen Lebensunterhalt möchte er selbst bestreiten können. Und bloß nicht in Hartz IV hineingeraten, „da bist du der Mops“.

Jahre mit viel Frust

Die vielen Jahre als Arbeitssuchender empfindet Klaus Seefeld als „Mühle, in die man hineingerät und hin- und hergeschüttelt wird“. Sein Frust ist groß, besonders dann, wenn auf eine Bewerbung überhaupt keine Rückmeldung kommt oder die Absage an „Frau Seefeld“ adressiert ist. „Da frage ich mich, haben die meine Bewerbung überhaupt gelesen?“ Auch das Arbeitsamt erlebe er nicht als hilfreich. „Über die habe ich noch nie eine Stelle bekommen.“

Ins Bernhäuser Jobcafé geht Klaus Seefeld seit nunmehr zehn Jahren regelmäßig. Wenn möglich, kommt er zweimal pro Woche dorthin und schreibt vier Bewerbungen. Da er zuhause keinen Computer hat, geht es ihm vor allem um das Nutzen der technischen Infrastruktur. Er kann dort seine E-Mails abrufen, um keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu verpassen, oder das x-te Anschreiben für eine angebotene Stelle verfassen. Anfangs hat er dafür gerne die Hilfe der Ehrenamtlichen in Anspruch genommen. „Ich wusste gar nicht mehr, wie eine Bewerbung geht.“ Inzwischen kommt er gut alleine zurecht. „Manchmal frage ich aber noch einen Ehrenamtlichen, der früher Personalchef war, ob man das so machen kann.“

Ein Licht am Horizont

Ohne das Jobcafé, sagt Klaus Seefeld, würde er alt aussehen. „Das ist ein Segen. Ich habe der Einrichtung viel zu verdanken.“ Trotzdem hofft er, bald nicht mehr so oft dort aufzuschlagen, denn eine Firma hat ihn zum Probearbeiten eingeladen – für eine Festanstellung. Ein Sechser im Lotto wäre es zwar nicht ganz „aber ein Fünfer mit Zusatzzahl“. Auf Nimmerwiedersehen werde er dennoch nicht verschwinden, sondern immer mal wieder im Jobcafé vorbeischauen, um beim Bewerbungenschreiben auf dem Laufenden zu bleiben und den Lebenslauf fortlaufend zu aktualisieren. Denn: „Ich möchte nie wieder aus einer eingerosteten Situation heraus aktiv werden müssen.“