Gestern war er noch in Rosamunde-Pilcher-Filmen zu sehen, morgen wird er überall sein: Jochen Schropp ist das neue Gesicht der Sendergruppe Pro-Sieben-Sat-1. Von Oliver Pocher übernimmt er demnächst „Promi Big Brother“.

Stuttgart - Eine Bühne, um 22,5 Grad gekippt. Es ist sehr schwer, auf dieser Schräge eine gute Figur zu machen. Jochen Schropp, 35, hätte sich kaum ein symbolträchtigeres Setting für seinen Start als neues Sendergesicht von Pro Sieben und Sat 1 aussuchen können. „Jetzt wird‘s schräg“ heißt die Show, die immer freitags auf Sat 1 ausgestrahlt wird, eine Impro-Comedy, halb nach „Schillerstraße“, halb nach Kinderzirkus ausschauend. Sie verlangt ihren Kandidaten einiges ab. Die Balance wahren auf der schiefen Ebene, Begriffe mit dem Körper buchstabieren oder Improvisieren im Dunkeln.

 

Das ist Slapstick pur, mehr nicht. Wäre man böse, würde man sagen, das Format versprüht den Charme einer Upps-Pannenshow. Man muss sich ihren Namen nicht merken. Aber den Namens des Moderators, den sollte man schon auf dem Schirm behalten. Ebendort wird Jochen Schropp in den nächsten Wochen nämlich häufiger zu sehen sein.

Viele kennen ihn aus der Castingshow „X-Factor“ bei Vox. Da fiel der bärtige Beau mit den Grübchen durch seine ebenso leise wie empathische Art auf. „Den Anti-Schreyl“, so nannte man ihn insgeheim, das Kontrastprogramm zum ehemaligen Kollegen aus der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“, der lautstark sein Revier markierte. Und man fragte sich, wie Schropp, der seine Karriere 2002 als Schauspieler begonnen hatte, zusammen mit Oliver Pocher in der ARD-Soap „Sternenfänger“, man fragte sich also, wie er es schaffte, sich derart zurückzunehmen.

Das will er sein: Dr. Feelgood

„Ach“, sagt er, „da ging es doch nicht um mich, sondern um die Show.“ Überflüssig zu erwähnen, dass das seinem Selbstverständnis eines Moderators als Dr. Feelgood entspricht. Man trifft ihn in einem Café in Berlin-Mitte, nur wenige Minuten von seiner Junggesellenbude entfernt.

„Jetzt wird‘s schräg“ ist sozusagen der Auftakt der Schropp-Festspielwochen. Schon am kommenden Samstag moderiert er nämlich die neue Quiz-Show „Himmel und Hölle“. Sechs Tage später beerbt er Oliver Pocher als Moderator der Containersoap „Promi Big Brother.“ Und dann gibt es noch „Tohuwabohu“, ausnahmsweise nicht bei Pro-Sieben-Sat.1, sondern bei ZDF Neo. Für den kleinen Sender moderiert er ein Format, in dem zwei C-Prominente eine Rasselbande von Kindern bändigen.

Ganz schön viel Schropp auf einmal. Der Overkill erklärt, warum er jetzt im Fokus der Medien steht und ein Interview nach dem anderen geben muss. Er macht das gern. Und noch sagt er auch, was er denkt. Noch versteckt er sich nicht hinter branchenüblichen Floskeln. Der Mann, den das Magazin „Grazia“ mal als Deutschlands sexiest Anzugträger tituliert hat, kommt privat genauso unprätentiös daher wie als Moderator in der Öffentlichkeit: in Bermuda-Shorts und weißem T-Shirt. In einer Branche, in der es darum geht, sich möglichst vorteilhaft in den Fokus zu rücken, um Aufmerksamkeit zu erregen, fällt einer wie er automatisch auf. Man kann sagen, seine Unverstelltheit ist sein Markenzeichen. Mr. Normalo.

Übergewichtiger Romeo und Bilderbuchlover

Entdeckt hat ihn der Vox-Chefredakteur Kai Sturm 2010. Schropp grinst, wenn er davon erzählt. Seine Karriere war nach dem Schauspielstudium am Paul McCartneys Liverpool Institute for Performing Arts nicht richtig ins Laufen gekommen. Mal eine Hauptrolle als übergewichtiger Romeo in der Sat-1-Komödie „Popp Dich schlank“, Auftritte als Bilderbuchlover in Rosamunde-Pilcher-Filmen oder als Pathologe Dr. Stabroth in der Krimi-Reihe „Polizeiruf 110“ aus Halle – und das waren eben nicht die Rollen als Grenzgänger, von denen er insgeheim geträumt hat. Aber Jochen Schropp ist kein Typ, der jammert.

Sein Bekanntheitsgrad, immerhin, reichte für eine Einladung zum „Perfekten Promi-Dinner“, zu jener Show also, die eigentlich für Kandidaten reserviert ist, die man schon lange nicht mehr gesehen hat und unter der Rubrik „Was wurde eigentlich aus . . ?“ verbucht werden. Für ihn aber wurde die Show zum Sprungbrett: Er konnte nicht kochen. Tu‘s nicht, rieten ihm seine Freunde. Aber er tat es doch. Für ein Huhn im Backofen, dachte er, dürfte es wohl reichen. Aber es kam noch besser – in Form eines Angebots für die Moderation der neuen Musikshow „X-Factor“. Schropp sagt, er sei vor Freude in die Luft gehüpft, als der Anruf kam. Er kannte die Show schon aus England, wo er studiert hatte. Er sagt, ihm hätte schon die Einladung zum Casting gereicht.

Das ist vier Jahre her, eine halbe Ewigkeit schon im schnellebigen TV-Geschäft. Aber Jochen Schropp hat sich die Fähigkeit zum Staunen bewahrt. Er erscheint immer noch als der nette Junge von nebenan, der nimmt, was kommt. Bloß zu Rollen in gescripteten Reality-Formaten sagt er Nein. Er hat bei Vox alles wegmoderiert, was sie ihm sonst noch angeboten haben, etwa „Grill den Henssler“ oder „Ein Bus voller Bräute“. Ein anspruchsvoller Job, sagt er. Sich seitenweise Texte merken. Schnell reagieren. Und dabei immer einen witzigen Spruch auf Lager haben. Er sagt, einige Schauspielerkollegen hätten die Nase gerümpft über seinen Job, doch man dürfe das auch nicht unterschätzen: „Fernsehfilme zu drehen ist einfacher.“

Und bald moderiert er „Promi Big Brother“

Anfang des Jahres ist er dann von Vox zu Pro-Sieben-Sat-1 gewechselt, der Heimat von Joko & Klaas, zweier Kollegen, die er für ihren Mut zum Wahnsinn bewundert. Davon, von Wahnsinn, hat man bei ihm bislang noch nichts bemerkt. Schropp und schräg, das schließt sich gegenseitig aus, so scheint es. Ist er nicht zu glatt, zu nett und zu schön, um den bad guy Oliver Pocher im Hühnerstall „Promi Big Brother“ zu beerben? Schropp lacht verlegen. Die Frage irritiert ihn. Er sagt, na klar, er werde schon aufgrund seiner Optik immer in die Soap-Ecke einsortiert. Doch er selber finde sich gar nicht so stromlinienförmig. „Ich stoße meine Freunde schon mal mit einem harten Spruch vor den Kopf.“ In der Show „Promi-Big-Brother“ wird er diese Gabe zur wohldosierten Boshaftigkeit perfektionieren müssen. 2013 floppte das Format, auch oder gerade weil es den Moderatoren Oliver Pocher und Cindy Marzahn nicht gelang, den Bogen zu schlagen zwischen dem Klein-Klein im Container drinnen und der Welt der Zuschauer draußen.

Mag sein, dass sich Schropp vor dieser Herausforderung fürchtet, aber er lässt sich nichts anmerken. Er sagt, er sei ja nicht alleine. Jens Westerbeck, der Gag-Autor für Künstler wie Atze Schröder oder Matze Knop, versorgt ihn mit Texten. Man darf gespannt sein, ob das funktioniert. Oder ob es dem good guy am Ende so ergeht wie den Kandidaten seiner Impro-Comedy „Jetzt wird‘s schräg“: Diese Leute rutschen irgendwann einfach aus dem Bild raus.