Pannen über Pannen: Johannes B. Kerner hat seine neue Samstagabendshow „1000. Wer wird die Nummer 1?“ als große Pechsträhne präsentiert. Quo vadis, ZDF?

Stuttgart - Stellen Sie sich vor, Sie stehen mit einem Bein auf einer fußbreiten Stele. Es geht darum, die Balance zu bewahren, doch mit jeder Sekunde zittert Ihr Oberschenkel mehr. Wie schaffen Sie es trotzdem, oben zu bleiben?

 

Diese Frage stellte man sich am Samstag als ZDF-Zuschauer – wenn auch im übertragenen Sinne. Nach dem Aus für „Wetten, dass . .?“ setzt der Sender seine Unterhaltungsoffensive mit der neuen Spielshow „1000 – Wer ist die Nummer 1?“ fort. Und auch bei diesem Format wusste man nicht, wen es mehr strapaziert, die Kandidaten oder das Publikum.

Nach fünf von acht K.-o.-Runden ging es dem Zuschauer ein bisschen wie den siebzig Athleten, die bis zu diesem Zeitpunkt noch einbeinig auf der Steele ausharrten. Man litt, wenn nicht an Überanstrengung, dann doch an chronischer Langeweile und an Ärger über diese ebenso lieblos wie stümperhaft inszenierte Samstagabendshow. Man musste sich verdammt konzentrieren, um dem Impuls zu widerstehen, abzuschalten. Dabei klang die Idee für „1000 – Wer ist die Nummer eins?“ durchaus vielversprechend. Diese Show ist eine Show der Superlative. Sie kombiniert Elemente von „Schlag den Raab“, „Wer wird Millionär?“ und „Wetten, dass . .?“ Das ZDF hat sie zusammen mit der BBC entwickelt und mit Johannes B. Kerner und Kate Abdo ein deutsch-britisches Moderatoren-Duo an den Start geschickt.

Eigentlich kann nichts schiefgehen

Es geht um 100 000 Euro und darum, sich in zehn Spielrunden gegen tausend Kandidaten durchzusetzen. Hindernis-Parcours, Denksportaufgaben, Kartenhäuser oder Pyramiden aus Sektgläsern bauen, solche Aufgaben eben. Tausendmal probiert, tausendmal ist nichts passiert. Kann eigentlich gar nichts schiefgehen.

Doch, ach. Pannen pflasterten den Weg dieses Piloten. Erst hatte das ZDF einräumen müssen, ein 61-jähriger Kandidat sei beim Hindernis-Parcours auf dem Feld des ehemaligen Tempelhofer Flughafens mit Herzinfarkt zusammengebrochen. Zwanzig weitere Teilnehmer seien verletzt worden, weil es zu „tumultartigen Szenen“ gekommen war.

Dann versagte auch noch die Technik in der Halle. Konsequenz: einige Spiele funktionierten nicht, das ZDF musste improvisieren. Das Prozedere zog sich derart in die Länge, dass die Mainzelmänner zwei von zehn Spielen streichen und die Sendezeit um 35 Minuten straffen mussten. Vielen Kandidaten war die Puste zu diesem Zeitpunkt schon ausgegangen. Sie beschwerten sich, sie hätten bis drei Uhr morgens in der Halle ausharren müssen, mit knurrenden Mägen. Am Ende soll einer den Pizzabringdienst angerufen haben.

Die Moderatoren schwächeln

Nun können Pannen passieren. Doch in diesem Fall verdichtet sich der Verdacht, das ZDF sei mit der Nummer insgesamt überfordert gewesen und habe unter erheblichem Zeitdruck gestanden. Weder wurden die Spielregeln am Anfang erklärt, noch bemühte sich der Sender, eine zeitgemäße Form zu finden, die Kandidaten in kurzen Einspielern vorzustellen. Kostprobe gefällig? „Ich heiße Kim, bin 32 und wohne in Darmstadt. Beruflich verkaufe ich Kugelschreiber in die weite Welt.“ Hmmm, da geht ja die Lucy ab, um im Floskel-Jargon der Moderatoren zu bleiben. Nur dass Lucy in diesem Fall Kate heißt, mit der deutschen Sprache fremdelt und sich auch sonst Mühe gab, ihren Job zur vollsten Zufriedenheit zu erledigen.

Und man ertappte sich dabei, wie man sich dafür fremdschämte, dass das ZDF Kerner mit der Beigabe dieser hübschen, aber überforderten Kollegin desavouierte. „Kate, ich sehe schon Falten auf der Stirn unserer Kandidaten. Kommt’s vom Grübeln?“ Nun, vielleicht ging es den Kandidaten wie uns Zuschauern. Und sie fragten sich, warum der Kerner diesmal in einer Lautstärke moderierte, als gälte es den Lärm von Formel-1-Flitzern zu übertönen.

Die Zweit-Ehe ist problembeladen

Kerner und das ZDF, diese Zweitehe steht unter keinem guten Stern. Erst der Skandal um das manipulierte Ranking in der Show „Deutschlands Beste“. Dann die Empörung über die vermurkste Samstagabendshow „Das Spiel beginnt“. Und jetzt das: zwanzig Verletzte und ein Herzinfarkt.

Was bleibt, ist die Hoffnung, dass das ZDF wenigstens das Preisgeld gut investiert hat. Die 100 000 Euro gewann der Inhaber eines Rollstuhlverleihs. Er sagt, er wolle es in sein Geschäft stecken.