Foto: factum/Granville
1528, noch bevor Martin Luther daran gedacht hätte, sitzt Johannes Brenz schon am Schreibtisch und verfasst einen Katechismus, also eine Glaubenslehre. Damals ist er als Prediger in Schwäbisch Hall angestellt, bis ihn Herzog Christoph von Württemberg 1550 nach Stuttgart holt, ihm dort die Stelle des Stiftspropstes verschafft und zu seinem wichtigsten theologischen Ratgeber macht. Die Vision des Herzogs lautet: Wir wollen Württemberg endgültig evangelisch machen – und Johannes Brenz ist der Mann, der das durchsetzen soll, schließlich kennt man ihn als „gelehrt, geschickt und qualifiziert für das Amt“.

Brenz überlegt und entwirft daraufhin, wie eine neue, vom Papst und von Bischöfen unabhängige württembergische Kirche aussehen könnte, in der jetzt übrigens der Herzog der oberste Kirchenherr ist. 1556 folgt daher die „Württembergische Klosterordnung“, die die obsolet gewordenen Klöster – etwa in Alpirsbach, Bebenhausen, Blaubeuren oder Maulbronn – auflöst und durch Schulen ersetzt, die es zum Beispiel in Blaubeuren heute noch gibt.

1559 gibt es dann endlich die „Große Kirchenordnung“. Die wohl wichtigste Innovation sind die Partikularschulen, die darin vorgeschrieben werden. Vorher konnten allenfalls Kinder reicher Eltern die Schule besuchen, jetzt gibt es die „Schule für alle“ – auch für Mädchen. Mädchen seien schließlich auch Kinder Gottes.

„Damit hatte Württemberg die Schulpflicht 200 Jahre früher als zum Beispiel Bayern“, erklärt der Weil der Städter Dietmar Spreer, der sich seit Jahrzehnten mit dem Kirchenmann beschäftigt. „Ja, ich bin ein richtiger Brenz-Fan“, sagt er und schmunzelt. Denn Gründe für die große Bedeutung von Brenz gibt es viele, das weiß auch der Theologe Ralf-Dieter Krüger: „Was Brenz zum Beispiel gegenüber Luther heraushebt, ist, dass er ein Vertreter des Toleranz-Gedankens war.“ Brenz sei immer im Vermittlung und Versöhnung bemüht gewesen, ob mit der alten, katholischen Kirche, mit der Täuferbewegung oder mit von der Hexenverfolgung betroffenen Frauen. Einig sind sich Krüger und Spreer daher, dass Brenz heute – im Gegensatz zu Luther – nicht genügend gewürdigt wird. „Es gibt gerade mal drei Brenz-Kirchen, dagegen unzählige Luther-Kirchen hier in Württemberg“, sagt Dietmar Speer. „Und das, obwohl Luther fast nie in Württemberg war.“

In Heidelberg trifft er Luther

Heidelberg ist denn auch die entscheidende Weiche für den 19-jährigen Magister Brenz. Hier trifft er auf einflussreiche Männer, die später allesamt Teil der großen reformatorischen Bewegung werden sollten. Etwa Johannes Oekolampad, dem späteren Reformator Basels. „Dieser Brenz ist ein Jüngling von glühendem Eifer“, so bemerkt Oekolampad erstaunt, „für alle wissenschaftliche Bildung“. Auch der in Bretten bei Pforzheim geborene Philipp Melanchthon, seit 1518 Luthers engster Mitarbeiter, schaut in Heidelberg vorbei.

Und vor allem: Im April 1518 kommt der damalige Augustiner-Mönch Martin Luther zu den Heidelberger Augustinereremiten und diskutiert über Gesetz und Gnade, über gute Werke, über Glaube und Liebe – über die Thesen der Reformation. Johannes Brenz nimmt zusammen mit anderen Studiosi teil. „Diese Stimmung der Studierenden und der ganzen Jugend“, freut sich Luther, „ist von der der Alten himmelweit unterschieden“. Luther und Brenz bleiben daraufhin freundschaftlich verbunden. Und Brenz wird der Mann, der die Gedanken des nie in Württemberg gewesenen Martin Luthers nach Schwaben tragen wird. Wo sie viele Jahrhunderte später der junge Ralf-Dieter Krüger immer noch entdecken wird.

Zwölf Jahre ist er damals, in Schönaich nimmt er am Konfirmanden-Unterricht teil. „Ja, da ist mir Brenz zum erstem Mal begegnet“, erinnert er sich. „Wir haben damals nach dem Brenz’schen Katechismus gelernt und wurden danach abgefragt“, sagt Krüger.

Die Glaubenslehre von Brenz ist heute noch aktuell

Foto: factum/Granville
1528, noch bevor Martin Luther daran gedacht hätte, sitzt Johannes Brenz schon am Schreibtisch und verfasst einen Katechismus, also eine Glaubenslehre. Damals ist er als Prediger in Schwäbisch Hall angestellt, bis ihn Herzog Christoph von Württemberg 1550 nach Stuttgart holt, ihm dort die Stelle des Stiftspropstes verschafft und zu seinem wichtigsten theologischen Ratgeber macht. Die Vision des Herzogs lautet: Wir wollen Württemberg endgültig evangelisch machen – und Johannes Brenz ist der Mann, der das durchsetzen soll, schließlich kennt man ihn als „gelehrt, geschickt und qualifiziert für das Amt“.

Brenz überlegt und entwirft daraufhin, wie eine neue, vom Papst und von Bischöfen unabhängige württembergische Kirche aussehen könnte, in der jetzt übrigens der Herzog der oberste Kirchenherr ist. 1556 folgt daher die „Württembergische Klosterordnung“, die die obsolet gewordenen Klöster – etwa in Alpirsbach, Bebenhausen, Blaubeuren oder Maulbronn – auflöst und durch Schulen ersetzt, die es zum Beispiel in Blaubeuren heute noch gibt.

1559 gibt es dann endlich die „Große Kirchenordnung“. Die wohl wichtigste Innovation sind die Partikularschulen, die darin vorgeschrieben werden. Vorher konnten allenfalls Kinder reicher Eltern die Schule besuchen, jetzt gibt es die „Schule für alle“ – auch für Mädchen. Mädchen seien schließlich auch Kinder Gottes.

„Damit hatte Württemberg die Schulpflicht 200 Jahre früher als zum Beispiel Bayern“, erklärt der Weil der Städter Dietmar Spreer, der sich seit Jahrzehnten mit dem Kirchenmann beschäftigt. „Ja, ich bin ein richtiger Brenz-Fan“, sagt er und schmunzelt. Denn Gründe für die große Bedeutung von Brenz gibt es viele, das weiß auch der Theologe Ralf-Dieter Krüger: „Was Brenz zum Beispiel gegenüber Luther heraushebt, ist, dass er ein Vertreter des Toleranz-Gedankens war.“ Brenz sei immer im Vermittlung und Versöhnung bemüht gewesen, ob mit der alten, katholischen Kirche, mit der Täuferbewegung oder mit von der Hexenverfolgung betroffenen Frauen. Einig sind sich Krüger und Spreer daher, dass Brenz heute – im Gegensatz zu Luther – nicht genügend gewürdigt wird. „Es gibt gerade mal drei Brenz-Kirchen, dagegen unzählige Luther-Kirchen hier in Württemberg“, sagt Dietmar Speer. „Und das, obwohl Luther fast nie in Württemberg war.“

1570 stirbt Johannes Brenz, ein Jahr, bevor Johannes Kepler geboren wird. „Natione Suevus, patria Willensis“ hat er auf sein Grabmal in der Stuttgarter Stiftskirche schreiben lassen – „der Geburt nach Schwabe, die Heimat aber ist Weil“.