An der Zuffenhäuser Johanneskirche ist eine Gedenktafel für Julius von Jan angebracht worden. Der Pfarrer hatte sich gegen das NS-Regime aufgelehnt.

Vor 125 Jahren, am 17. April 1897, wurde Julius von Jan geboren. Der evangelische Pfarrer war Mitglied der Bekennenden Kirche, legte sich mit der NS-Diktatur an und musste dafür einen hohen Preis bezahlen. Von 1949 bis 1958 wirkte er an der Johanneskirche, wo nun anlässlich seines Geburtstags eine Gedenktafel angebracht wurde.

 

„Damit erinnern wir dankbar an einen aufrechten Pfarrer, der in der Zeit das Nationalsozialismus seine Stimme gegen das Unrecht erhob“, sagte die Zuffenhäuser Dekanin Elke Dangelmaier-Vinçon bei der Einweihung der Tafel. Zu der Veranstaltung waren auch Zeitzeugen gekommen, die den Pfarrer, der 1964 in Korntal starb und der dort auch begraben ist, noch persönlich kannten. Einer von ihnen, Werner Baier, hatte die Idee für die Gedenktafel. „Er war ein Mensch von einprägsamer Güte“, erinnert sich Baier heute. Allerdings sei von Jan ihm auch als ein sehr erschöpfter Mensch in Erinnerung, bei dem die Erlebnisse aus der NS-Zeit tiefe Spuren hinterlassen hätten.

Predigt prangert die Kristallnacht an

Der Konflikt mit dem NS-Regime hängt vor allem mit einer Predigt des Pfarrers, der in Schweindorf geboren wurde, in seiner damaligen Gemeinde in Oberlenningen zusammen. Am Bußtag 1938 prangerte er die Geschehnisse der so genannten „Kristallnacht“ an, bei der Juden misshandelt und getötet und ihre Synagogen zerstört wurden. „Mag das Unrecht auch von oben nicht zugegeben werden – das gesunde Volksempfinden fühlt es deutlich, auch wo man darüber nicht zu sprechen wagt“ sagte er damals. Daraufhin wurde er von der SA zusammengeschlagen, eingesperrt und aus Württemberg ausgewiesen. Er kam zwangsweise zu einer Gemeinde nach Bayern, 1943 wurde er gezwungen, in einer Strafkompanie an der Ostfront zu dienen. Dank einer Gelbsucht entkam er der Front für einige Zeit, musste aber am Kriegsende noch in Ungarn kämpfen.

Im Juli 1949 trat Julius von Jan seine Stelle in Zuffenhausen an, wo er den Wiederaufbau der Johanneskirche leitete. Diese war am 10. September 1944 bei einem Luftangriff („Zuffenhäuser Brandsonntag“) schwer beschädigt worden. Von Jan betreute die Gemeinde, die durch den Zuzug von 5000 Flüchtlingen stark angewachsen war. Sowohl der Pfarrer als auch seine Frau Martha waren durch die NS-Zeit und das erlittene Unrecht psychisch und physisch stark angeschlagen. Über seine Erfahrungen in Zuffenhausen schrieb von Jan, er sei auf eine „stark zerstörte Gemeinde mit einer stark zerstörten Kirche“ getroffen. Auch beklagte er sich über die „aufreibende Unterrichtsarbeit“. „Der Pfarrer war sehr bescheiden. Er hat nichts über die NS-Zeit erzählt“, erinnert sich heute eine Zeitzeugin. Keiner in Zuffenhausen habe gewusst, was Julius von Jan im Krieg habe erleiden müssen.

Ein „Gerechter unter den Völkern“

Am ersten Advent 1952 konnte die Johanneskirche wieder offiziell eingeweiht werden, auch wenn die Bauarbeiten noch andauerten. 1958 erlitt von Jan ein Nierenversagen und einen Herzinfarkt, was ihn zur Aufgabe seiner Tätigkeit in der Gemeinde zwang. Seinen Ruhestand verbrachte er in der Evangelischen Brüdergemeinde in Korntal, wo er, sofern es seine Kräfte zuließen, als Krankenseelsorger tätig war. Am 21. September 1964 verstarb er dort.

Viele Jahrzehnte lang war der Name Julius von Jan nach dem Krieg selbst in Kirchenkreisen kaum bekannt. Die Aufarbeitung begann erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Im Jahre 2020 wurde er in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.