Der Schwede John Ausonius verübte in den 90er Jahren Anschläge auf Migranten. Derzeit sitzt er eine lebenslange Haftstrafe ab. Jetzt wird in einem Frankfurter Mordfall neu ermittelt. War der „Lasermann“ das Vorbild für die NSU-Morde?

Stockholm - Zweiundzwanzig Jahre nach dem mysteriösen Mord an einer 68-jährigen Frau im Frankfurter Westend hat die Staatsanwaltschaft den Fall wieder aufgenommen. In den kommenden Tagen werden Ermittler einen nahe Stockholm in Haft sitzenden tatverdächtigen Schweden vernehmen. Die neuerliche Untersuchung des bislang ungeklärten Mordfalls steht im Zusammenhang mit den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zur rechtsterroristischen Organisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU).

 

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um John Ausonius, einen 61-jährigen Schweden. Ausonius hatte zwischen August 1991 und Januar 1992 in Stockholm und Uppsala aus Fremdenhass auf zehn Migranten geschossen und sie zum Teil lebensgefährlich verletzt. Einen 34-jährigen Iraner, der in Schweden lebte, ermordete er mit einem Kopfschuss. Weil Ausonius auf einige seiner Opfer aus sicherer Deckung heraus mit einem Gewehr gefeuert hatte, das über eine Laser-Zieleinrichtung verfügte, nannte ihn die schwedische Presse „Lasermannen“, den Lasermann.

Bereits 1992 im Fokus von deutschen Ermittlern

Im Zuge der NSU-Ermittlungen war das Bundeskriminalamt 2012 auf den Lasermann-Fall gestoßen und glaubte, Parallelen zwischen dem schwedischen Killer und dem NSU zu entdecken: Wie das Terrortrio hatte auch Ausonius im Untergrund gelebt und seine ausländischen Opfer willkürlich ausgewählt, wie Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatte er Banken überfallen und war von den Tatorten zum Teil auf einem Fahrrad geflüchtet. Für die Taten hatte er stets Autos angemietet, auf einige seiner Opfer feuerte er mit einem Revolver mit Schalldämpfer.

Der Lasermann aus Schweden könnte daher eine „mögliche Blaupause“ für das Handeln des NSU geliefert haben, mutmaßte das BKA in einer Analyse von 2012. Zumal Ausonius in einem „Field Manual“ der rechtsextremen Organisation Blood&Honour, aus deren Kreisen viele NSU-Unterstützer stammen, als Vorbild für den rechtsterroristischen „führerlosen Widerstand“ in Ländern wie Deutschland ausdrücklich erwähnt wurde.

In den Fokus deutscher Ermittler war Ausonius bereits ein Jahr nach seiner Festnahme im Juni 1992 in Stockholm geraten. Es ging damals um den Mord an der Garderobenfrau Blanka Zmigrod im Frankfurter Westend. Die 68-Jährige war in der Nacht auf den 23. Februar 1992, einem Sonntag, auf ihrem Heimweg von der Arbeit mit einem Kopfschuss getötet worden. Der Täter hatte dem Opfer die Handtasche gestohlen und war mit einem Fahrrad geflohen. Wie sich später herausstellte, hatte Zmigrod wenige Tage vor dem Mord eine Auseinandersetzung mit Ausonius, der sich damals in der Mainmetropole aufhielt. Der Schwede hatte ihr vorgeworfen, in der Garderobe des Restaurants Mövenpick ein elektronisches Notizbuch der Marke Casio aus seinem Mantel gestohlen zu haben.

Der 61-Jährige bestreitet Zusammenhänge

Bei der sehr lautstarken Auseinandersetzung habe Ausonius damit gedroht, noch einmal wiederzukommen und die Frau zur Rede zu stellen. Allerdings erschien er nicht mehr im Restaurant. Die Frankfurter Polizei ging damals dem Verdacht nach, Ausonius habe die Garderobiere niedergeschossen und ihr die Handtasche entwendet, weil er darin den Casio-Rechner vermutete.

In einer von den deutschen Ermittlern veranlassten Vernehmung durch die schwedische Polizei räumte Ausonius 1993 zwar den Streit mit der Garderobenfrau ein, bestritt aber vehement, etwas mit ihrer Ermordung zu tun gehabt zu haben. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft stellte daraufhin das Ermittlungsverfahren zum Tod von Blanka Zmigrod vorerst ein.

Im vergangenem Februar aber lebte das Verfahren wieder auf. Grund dafür ist, dass die Bundesanwaltschaft im Zuge ihrer NSU-Ermittlungen einen sogenannten Prüfvorgang zu dem „Lasermann“ eingeleitet hat. Damit soll untersucht werden, ob Ausonius Verbindungen in Kreise deutscher Rechtsextremisten unterhielt und der Mord in Frankfurt möglicherweise einen rassistischen Hintergrund hat. Blanka Zmigrod war Jüdin. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft soll deshalb den Mordfall jetzt noch einmal untersuchen. Ausonius wird daher in den nächsten Tagen im Gefängnis Österaker, eine halbe Autostunden nördlich von Stockholm, von der Frankfurter Polizei vernommen werden.

Der 61-Jährige sitzt dort wegen der Mordanschläge auf die Migranten eine lebenslange Haftstrafe ab. Gegenüber dieser Zeitung bestritt Ausonius erneut, in den Frankfurter Mord verwickelt gewesen zu sein. Auch habe er nie Kontakte zu deutschen Neonazis gehabt. Er werde aber umfänglich aussagen und den deutschen Behörden alle Fragen beantworten, kündigte er an. Frühere Angebote von ihm, eine Aussage zu machen, seien von deutscher Seite stets unbeantwortet geblieben, sagte Ausonius noch.