Hätte ihn nicht ein Verrückter vor knapp 40 Jahren erschossen, wäre John Lennon am 9. Oktober 80 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass haben wir 15 seiner schönsten Songs ausgesucht.

Stuttgart - Offiziell schrieben John Lennon und Paul McCartney alle ihre Beatles-Songs gemeinsam – doch wer von beiden den Lead-Gesang übernahm, ist durchaus ein Indiz dafür, wer jeweils federführend war. Auch lassen sich beider musikalische Handschriften identifizieren: McCartney hat ein Gespür für große Pop-Melodien, Lennon war eher dem Rock zugetan und bevorzugte dunklere Grundstimmungen. Geradezu exemplarisch tritt das in „A Day in the Life“ zutage, wo McCartney Lennons Nachdenklichkeit mit einem fröhlich geträllerten Mittelteil kontert.

 

Was die beiden aneinander hatten, ist sowohl in Lennons als auch in McCartneys späterem Soloschaffen zu spüren: Lennon fehlte McCartneys genialer Sinn für Verdichtung, McCartney Lennons Kante, die dieser allerdings selbst ein wenig verlor. Zu Lennons 80. Geburtstag am 9. Oktober 80 haben wir 15 seiner schönsten Songs ausgesucht – in chronologischer Reihenfolge.

1. A Hard Day’s Night (1964)

Ein aufgefangener Versprecher des Schlagzeugers Ringo Starr, dessen kleine Missgeschicke in den frühen Tagen der Beatles ein Markenzeichen der Band waren, gab einem Song, einem Album und einem Film den Titel. Nach einem besonders harten Arbeitseinsatz wollte Starr eigentlich sagen, das sei aber mal ein harter Tag gewesen, a hard day, merkte dann, dass es längst dunkel war, und hängte die Nacht noch schnell dran.

2. Help! (1965)

Lennons Hilferuf vom gleichnamigen Album zielt ab auf den schnellen, schwer zu verkraftenden Aufstieg der Beatles zu Weltstars und die damit einhergehende öffentliche Aufmerksamkeit.

3. Norwegian Wood (This Bird has flown) (1965)

Dieses Singer/Songwriter-Stück vom „Rubber Soul“-Album bezieht sich auf ein Synonym für billiges Möbelholzimitat. Selbiges setzt der Erzähler in Brand, nachdem ihn das Mädchen, das ihn eingeladen hat, nicht ins Bett gelassen, sondern zum Schlafen in die Badewanne geschickt hat.

4. Strawberry Fields forever (1967)

Eigentlich sollte dieser Song auf dem „Sgt. Pepper“-Album erscheinen, doch die Plattenfirma drängte die Beatles, ihn vorab als Single zu veröffentlichen. Die Weiterentwicklung der Band ist hier bereits deutlich zu hören. Lennon gibt sich nachdenklich und wie üblich ein wenig kritisch gegenüber seiner Umwelt: „Living is easy with eyes closed / Misunderstanding all you see“, konstatiert er.

5. Lucy in the Sky with Diamonds (1967)

Dieser prototypisch psychedelische Song gilt gemeinhin als Hymne auf die Droge LSD (Lucy- Sky – Diamonds). Dafür spricht, dass die Beatles und vor allem John Lennon mit diversen Drogen experimentierten, als sie das Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ aufnahmen.

6. I am the Walrus (1967)

Teil der „Magical Mystery“-Tour auf dem gleichnamigen Album ist ein Ausflug in Lewis Carrolls Buch „Alice hinter den Spiegeln“ und in das Gedicht „The Walrus & The Carpenter“ („Das Walross und der Zimmermann“) – und wahrscheinlich ein absurder Kommentar Lennons zu den ständigen Versuchen, seine Songs zu interpretieren. Vielleicht handelt es sich aber auch nur um einen LSD-Nachklapp, denn „Lucy in the sky“ kommt in einer Zeile noch einmal vor.

7. Revolution (1968)

Wild dröhnen die elektrischen Gitarren in der Overdrive-Version dieses Rock’n’Roll-Songs. Er ist ein Plädoyer für Pazifismus, in dem Lennon den linken Rebellen der damaligen Zeit eine Absage erteilt: „But when you talk about destruction / Don’t you know that you can count me out“.

8. All you need is love (1969)

Pompös wie das ganze „Yellow Submarine“-Album, kam dieses Stück im Jahr des Woodstock-Festivals genau richtig mit seiner einprägsamen, oft wiederholten Botschaft.

9. Hey Bulldog (1969)

Diese sehr rockige Beatles-Nummer nimmt viel von der Britpop-Bewegung der 90er vorweg – und wird oft unterschätzt, weil sie auf „Yellow Submarine“ ein wenig untergeht.

10. Come Together (1969)

Was für ein Gitarrenriff! Und oberflächlich betrachtet: Was für eine Botschaft! Dabei ist umstritten, was John Lennon im Eröffnungsstück des „Abbey Road“-Albums wirklich sagen wollte. Eine Interpretation zielt auf die Auflösungserscheinungen innerhalb der Band ab: Jede Strophe handelt von einem Beatle, Ringo Starr („got to be a Joker“, er war der Spaßvogel der Band), George Harrison („monkey finger“, weil er sich an Saiteninstrumenten so leichttat), Lennon selbst („he got Ono sideboard“, Yoko Ono zog immer mehr seiner Konzentration von den Beatles ab), und Paul McCartney („he roller-coaster“, er war ständig auf emotionaler Achterbahnfahrt und änderte oft seine Meinung); der Chorus, „come together right now over me“ soll eine Empfehlung von Harrisons Yogi gewesen sein, den Zusammenhalt mit seiner Hilfe wieder herzustellen.

11. I Want You (She’s So Heavy) (1969)

Eine fiebrig schwebende Blues-Strophe, dann ein erdenschwerer Chorus mit Moll-Arpeggios – in Sachen Progressiv-Rock war diese Yoko Ono gewidmete Nummer damals ganz vorne dabei.

12. Because (1969)

Inspiriert von Beethovens „Mondscheinsonate“ und nur zum Klang eines elektrischen Cembalos singen Lennon, McCartney und Harrison neunstimmig – sie nahmen drei mal drei Stimmen auf und setzten so auch beim A-cappella-Gesang Maßstäbe.

13. Across the Universe (1970)

Dieser kosmische Ballade zählt zu Lennons poetischsten Stücken. Zu empfehlen ist die Fassung auf der „naked“-Version des Albums „Let it be“ – sie ist vom Klangtand befreit, den der Produzent Phil Spector hinzufügte.

14. God (1970)

Man solle nicht an Götzen glauben, nicht an Magie, die Bibel, Hitler, Buddha, Elvis oder die Beatles, fordert John Lennon in diesem Stück auf seiner ersten Soloplatte „John Lennon/Plastic Ono Band“. „Wenn es einen Gott gibt, dann sind es wir alle“, erklärte er dazu später. Der Satz ist in der Autobiografie „Lennon remembers“ vermerkt – und klingt dann doch ein bisschen nach Buddha.

15. Imagine (1971)

John Lennons große Utopie einer geeinten, friedlichen Menschheit bleibt eines seiner Meisterwerke. „I know I’m a dreamer, but I’m not the only one“, sang er damals – und trotz all der Verwerfungen 50 Jahre später allein in seinem Heimatland Großbritannien gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.