Ihr Roman, in dem es um einen Anschlag auf den Wiener Opernball geht, ist 1995 erschienen, ein paar Jahre bevor breite Bevölkerungsschichten damit begonnen haben, sich vom Terrorismus bedroht zu fühlen.


Es ist eine Art Paralleldenken mit dem zeitgenössischen Terrorismus, was die Anschlagsobjekte betrifft und die erstrebte Medieninszenierung. Den Terroristen in "Opernball" ist es - wie den zeitgenössischen Terroristen - völlig egal, wer ums Leben kommt, Hauptsache, es ist eine medienwirksame Inszenierung, die den meist abstrakten Gegner ordentlich demütigt.

Auf welche Weise sollte der Staat Ihrer Ansicht nach seine Bürger vor einem derartigen Terrorismus zu schützen versuchen?


Ich glaube, die Einschränkung von Persönlichkeits- und Freiheitsrechten ist der falsche Weg. Immer dort, wo der Staat eine starke Hand zeigt, stilisiert er sich selbst zum Feind. Damit erzeugt der Staat das, was die Terroristen vorgeben, dass er längst sei. Wenn der Staat Zähne zeigt, liefert er den Terroristen gleichsam eine Bestätigung nach. Ich glaube eher, dass eine Gesellschaft, in der die Bürger gefragt sind, in hohem Maße am politischen Leben teilzunehmen, die richtige Antwort auf Terrorismus ist. Der Widerspruch muss von den Menschen selber kommen.

Was bedeutet das konkret?


Ich bin neulich in Wien von einem Neonazi aus der U-Bahn getrieben worden. Er wollte sich mit einer Ausländerin anlegen, die mir gegenübersaß. Ich mischte mich ein und war nun selbst das Objekt, mit dem er sich befasst hat. Er hat mich dann als Juden beschimpft. Es ist schwer zu widersprechen, wenn man als Jude beschimpft wird. Soll man sagen: "Nein, ich bin keiner, aber jemand anderes ist es?" Das ist eine ganz seltsame Situation. Als ich aussteigen wollte, hat er mir von hinten einen Tritt versetzt, so dass es mich richtig aus der U-Bahn geworfen hat.

Wie haben die anderen Fahrgäste auf die Auseinandersetzung reagiert?


Es hat mir niemand geholfen. Als er mich angeschrien hat, ich solle aussteigen, weil er keine Juden in der U-Bahn dulde, haben alle anderen schweigend zugehört und möglichst nicht hergeschaut. Das ist eine ungute Situation. Man ist dann plötzlich sehr allein.