Wer braucht schon die Fußball-WM? Der Rapper Jovanotti feiert in der Porsche-Arena mit dreitausend Landsleuten und ein paar schwäbischen Gästen eine flotte Party.

Stuttgart - Mit der Fußballweltmeisterschaft hat man als Italiener in diesem Jahr ja nur peripher zu tun; im Zeitbudget bleibt daher genug Luft für anderweitige Abendvergnügungen. Nichts wie hin also zu Jovanotti – umso mehr, da der Auftritt in Stuttgart als deutschlandweit einziges Konzert auf dem diesjährigen Tourneeplan des 51-jährigen Römers steht. Volles Haus also in der Porsche-Arena? Keineswegs: Nur rund 3000 Besucher füllen die Halle am Samstagabend gerade mal zu zwei Dritteln. Die happigen Eintrittspreise von bis zu dreiundsiebzig Euro dürften wohl doch den ein oder anderen Fan verschreckt haben. Aber immerhin: Es gibt passablen Gegenwert fürs Geld.

 

Mischung aus Paradiesvogel und Zappelphilipp

Eine neunköpfige Band – neben Bass, Gitarre und drei Bläsern noch je zwei Keyboarder und Trommler – sorgt fast zweieinhalb Stunden lang für einen temperamentvollen Sound, der in die Beine geht und die Seele dabei nicht vergisst, drei bewegliche Kronleuchter im XXL-Format baumeln an der Hallendecke, bunte, aufblasbare Luftmännchen schießen aus dem Boden. Und Jovanotti selbst (bürgerlicher Name: Lorenzo Cherubini) schmeißt den Abend als Mischung aus Paradiesvogel und Zappelphilipp: positive, fröhliche Ausstrahlung, permanenter Bewegungsdrang, pausenlose Kostümwechsel. Modisch bevorzugt der fast zwei Meter lange Schlaks dabei eine tüchtig mit Glitzerkram aufgemöbelte Streetware und präsentiert von Hemd bis Jacke, Parka und Mütze eine Art Jerome-Boateng-Style für Fortgeschrittene.

Eine raue Version von „Penso positivo“

Fast die gesamte Zeit verbringt er dabei auf dem weit in den Halleninnenraum hineingebauten, T-förmigen Laufsteg und zeigt sich dort als Rapper, der souverän ein stattliches Silbenstakkato abfeuert. Als Sänger hingegen gibt Jovanotti sich mit einer sonoren Mitteltonlage zufrieden, die er nur unwesentlich ausdifferenziert. Mag die Musik auch von Rock und Funk über Weltmusik und Reggae bis hin zu Elektropop sowie ein paar typisch italienischen Balladen munter durch die Genres purzeln: Der Sprechgesang ist das eigentliche Metier von Signore Cherubini – auch der bläserbetonte Funksong „Penso positivo“ wird von diesem rauraspeligen, aber harmonischen Tonfall angetrieben.

So bunt wie das italienische Parlament

Ebenfalls schon früh im Programm folgt der lässige „Serenata Rap“, Jovanottis hierzulande wohl bekanntester Song – frenetisch gefeiert von einer textsicheren italienisch-schwäbischen Community. Im zweiten Teil sorgen „L’Estate Addosso“ mit dynamischen Gitarrenriffs und das elektronisch pulsierende „Sabato“, beide aus dem 2015er-Album „Lorenzo 2015 CC“, für Feierstimmung. Noch um einige Facetten bunter wird der Abend, wenn die Band eine kleine Bob-Marley-Hommage anstimmt oder Jovanotti nach einem Bad in der Menge im Innenraum ein separates DJ-Pult entert und ein zwanzigminütiges Rap- und Rhythmusfeuerwerk abbrennt. Alles zusammen: ein Stilmix, der so bunt zusammengewürfelt wirkt wie das italienische Parlament – allerdings macht er bedeutend mehr Spaß.