Die Göppinger Ortsgruppe der Bergwacht ist die zweitälteste im Land. Seit 75 Jahren stehen die Ehrenamtlichen verunglückten in unwegsamen Gelände bei. Jetzt wird das Jubiläum auch gefeiert.

Göppingen - Eine Wanderin rutscht einen felsigen Abhang hinunter und muss schwer verletzt weitere 60 Meter abgeseilt werden. Ein verwirrter Mann landet in der hüfttiefen eisigen Fils und muss über die steile glitschige Uferböschung geborgen werden. Ein Skifahrer verdreht sich das Knie und kommt nicht mehr allein den Hang hinunter. Ein Kranführer kollabiert in seiner Gondel. Ein Arbeiter verletzt sich bei Arbeiten im Glockenturm: in Fällen wie diesen wird die Bergwacht gerufen.

 

Sie kennt sich aus in unwegsamem Gelände und in hohen Gebäuden, birgt Verunglückte dort, wo es für Feuerwehrleute und Sanitäter ohne weitere Hilfsmittel kein Hinkommen gibt oder ist einfach vor Ort an den Skiliften und Kletterfelsen in Bereitschaft – seit 75 Jahren auch im Raum Göppingen.

Zweitälteste Ortsgruppe

Schon ein Jahr nachdem die Bergwacht Württemberg und deren erste Ortsgruppe in Stuttgart gegründet worden war, folgte 1938 auch die Gründung einer Göppinger Gruppe. Anlass dafür gab es genügend. Die Schwäbische Alb wurde in den Zwanziger und Dreißiger Jahren für das Freizeitvergnügen, den Kletter- und Schneeschuh-Sport wie es damals noch hieß, entdeckt. Schon damals avancierten der Kuchberg und das Kalte Feld bei Geislingen sowie der Bläsiberg bei Wiesensteig rasch zu beliebten „Schneeschuhgebieten“, die Felsen im oberen Filstal galten als Kletterparadiese.

Erste Hilfe und Naturschutz schon vor dem Krieg

Mit mangelhafter Ausrüstung eroberten die Ausflügler die Natur, was Unfälle provozierte. Zudem entwickelte sich damals bereits ein Bewusstsein unter den Bergfreunden für die Besonderheiten der Natur. Dass Ausflügler seltene Blumen gleich büschelweise pflückten, war schon den ersten Bergrettern ein Dorn im Auge. So stand und steht der Naturschutz neben der Ersten Hilfe ganz oben auf der Liste der Bergwachtangehörigen.

Die Kletterbegeisterten Bergretter bastelten sich damals ihre Hilfsmittel noch selbst und folgten sogar als Zugbegleiter den beliebten Skisonderzügen der Bahn ins Allgäu. 1954 schloss sich die Bergwacht dem Deutschen Roten Kreuz an. 1974 erstand die Göppinger Bergwacht am Fuchsrain bei Weißenstein einen alten Schafstall. Zehn Jahre später wurde dort die Bereitschaftshütte eingeweiht, die in der Regel sonntags besetzt ist.

Einsatz auch in Armenien

Auch Auslandseinsätze hat es in den vergangenen 75 Jahren gegeben. So waren Göppinger Bergretter 1988 nach einem Erdbeben in Armenien engagiert und 1991 bei einem Hilfseinsatz für aus dem Irak vertriebene Kurden im alpinen türkisch-irakischen Grenzgebiet im Einsatz.

Mittlerweile teilen sich die Bereitschaften von Göppingen und der später gegründeten Ortsgruppe Geislingen/Wiesensteigen die Einsatzgebiete im Kreis. Die Ausrüstung ist hochmodern, die Ausbildung spezialisiert. Neben der Sommer- und der Winterrettung wird auch die Luftrettung trainiert. Von der Rettungswache des DRK am Eichert rücken die beiden Einsatzfahrzeuge der Göppinger Bereitschaft aus. Koordiniert werden die Bergwachteinsätze von der integrierten Leitstelle Göppingen über die zentrale Notrufnummer 112.

Heute zählt die Göppinger Ortsgruppe der Bergwacht rund 100 Mitglieder, wovon rund 30 im aktiven Bergwachtdienst sind.

Jubiläumsvortrag von Extremkletterer

Beat Kammerlander zählt zu den bekanntesten Persönlichkeiten in der Kletterszene. Am 28. November ist er auf Betreiben der Göppinger Bergwacht um 19.30 Uhr in der Eislinger Stadthalle mit seiner neusten Multimedia-Schau „Leben in der Senkrechten“ zu Gast. Weitere Informationen dazu gibt es im Internet www.bergwacht-goeppingen.de.