An der Popakademie wird Musik- und Kreativwirtschaft sowie populäre Musik studiert. Das Konzept der Hochschule wird international beachtet – und wer hier abschließt, hat gute Berufschancen in der Musikbranche.

Mannheim - Gerade herrscht wieder Hochbetrieb in der Popakademie an der Mannheimer Hafenstraße; das Semester geht dem Ende entgegen, es stehen Prüfungen an. In gut einer Woche, am 19. Juli, gibt es ein großes Jubiläumskonzert. Dann feiert die zweitjüngste der drei „Kreativ-Akademien“ des Landes ihren 10. Geburtstag. 14 Bands sind angekündigt, acht aus aktuellen Jahrgängen und sechs von ehemaligen – darunter Marie and the redcat, die Schlagzeugmafia und Maike Rosa Vogel.

 

Mit 54 Studenten hat die Hochschule 2003 in provisorischen Räumen ihren Betrieb aufgenommen. Inzwischen logiert sie in einen poppigen Neubau mit Blick auf den Verbindungskanal und den Mannheimer Industriehafen. Gut 300 junge Leute haben bisher ihren Abschluss als Musiker oder in Popmusikbusiness gemacht. Fast noch mehr zählt: Die Absolventen sind gefragt. „Schon bei den ersten beiden Abschlussjahrgängen haben wir gemerkt, dass das Interesse groß war – damals bekamen 70 bis 90 Prozent gleich einen Job und seither hat es sich nur nach oben entwickelt“, erläutert Professor Hubert Wandjo, der Leiter des Fachbereichs Musik- und Kreativwirtschaft, der zusammen mit seinem Kollegen Udo Dahmen, dem Leiter des Fachbereichs Populäre Musik, an der Spitze der Akademie steht.

Popexperten: Akademie wird als wichtig wahrgenommen

„Sie werden keine bedeutende Musik- oder Medienfirma finden, in der keine Absolventen der Popakademie beschäftigt sind. Es vergeht kaum eine Wochen in der wir nicht gefragt werden, ob wir jemanden haben für diesen oder jenen Job“, sagt Wandjo sichtlich zufrieden. „Das gleiche gilt für den künstlerischen Bereich“, ergänzt Dahmen. „Unsere Einrichtung wird als wichtig wahrgenommen, wir haben einen Stellenwert, das merken wir auch bei internationalen Kongressen“, berichten die Mannheimer Popexperten,

Dabei herrschte vor gut zehn Jahren nicht nur reine Begeisterung, als sich einige Unentwegte im Stuttgarter Wissenschafts- und im Staatsministerium anschickten, nach der Ludwigsburger Filmakademie mit einer Ausbildungsstätte für Popmusik einen weiteren neuen Akzent in der baden-württembergischen Hochschullandschaft zu setzen. „In der Regierungsfraktion war wenig Unterstützung für derartigen ,Firlefanz’ vorhanden und auch die Presse machte sich immer wieder lustig über die Akademisierung von Rock und Pop“, hat der frühere Minister Christoph Palmer (CDU) in einer Denkschrift vor einigen Jahren festgehalten. „Da gab es viel Gegenwind und Häme“, stellte er fest.

Rektor Dahmen lobt den Weitblick der Politik

Doch das ist Schnee von gestern. „Es ist toll, dass die Politik damals in Baden-Württemberg tatsächlich einen solchen Weitblick hatte“, lobt Dahmen im Rückblick. Er und seine Mitstreiter seien von Anfang an „relativ sicher gewesen“, dass ihr Konzept auf eine gewisse Nachfrage treffen werde, erklärt der engagierte Hochschullehrer, dessen Laufbahn mit einem Studium als klassischer Schlagzeuger begann. Doch habe es schon auch „eine kleine Unsicherheit gegeben“, räumt er ein. „Die Frage war: Wie werden unsere Absolventen angenommen, wie fassen sie Fuß?“, sagt er. „Heute wissen wir, alle können davon leben. Manche sogar sehr gut“, stellt er fest.

Das gilt für die Musiker, die mit eigenen Projekten, in einer Band, mit Kompositionen und Texten oder auch mit einem „Patchwork“ von allem ihren Lebensunterhalt bestreiten. Das gilt mehr noch für Absolventen wie Konrad Sommermeyer, bei dessen Firma Echo-Preisträger Tim Bendzko und die Band Frida Gold unter Vertrag stehen, die beide gerade ein Nummer-Eins-Album vorgelegt haben oder für Leute wie Chris „Crada“ Kalla, der es in den USA ganz nach oben geschafft hat.

Vernetzung ist integraler Bestandteil des Konzepts

Von Anfang an war es Teil des Mannheimer Konzepts, dass sich die Studenten der Bereiche Musik und Wirtschaft untereinander und in der Branche gut vernetzen. Die Dozenten sind fast durchweg freie Mitarbeiter, die das, was sie unterrichten auch in der Praxis tun. Dazu komme ein „sehr bewegliches und aktuelles Curriculum“, erläutert Dahmen. „Wenn die Absolventen hier rausgehen, wissen sie, was sie erwartet und wie die Branche funktioniert“. Die Akademie selbst, die in Form einer GmbH organisiert ist und bei der das Land und die Stadt Mannheim als Hauptaktionäre fungieren, ist im Jubiläumsjahr erstmals in ihrer Geschichte fest im Etat des Wissenschaftsministeriums verankert. 4,2 Millionen Euro beträgt der Gesamthaushalt.

„Damit können wir zwar keine großen Luftsprünge machen, aber wir sind gut aufgestellt und auskömmlich finanziert“, sagt Dahmen. „Unser enormer Erfolg spiegelt den großen Bedarf nach professioneller Ausbildung in der Popmusik wieder“. Die, davon ist der Mannheimer Akademiechef überzeugt, werde in Zukunft in vielen Bereichen eine immer wichtigere Rolle spielen. „Diesen Prozess wollen wir impulsgebend vorantreiben und auch mitgestalten“, erklärt er.

Die Bedeutung der Popakademie

Die Popakademie hat sich seit ihrer Gründung 2003 dynamisch entwickelt, sie hat derzeit etwa 300 Studierende in den Fachbereichen Populäre Musik und Musik- und Kreativwissenschaft. Seit 2011 bietet sie neben dem Bachelor- auch einen Masterstudiengang an. 90 Prozent der Studierenden schließen erfolgreich ab. Die Abbrecherquote ist unterdurchschnittlich.

In Zukunft möchten die Popakademie ihre wissenschaftliche Basis und ihr wissenschaftliches Profil stärken. Die Verantwortlichen denken etwa an ein eigenes Archiv und vermehrte Forschung – insbesondere zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf den künstlerischen Bereich und zu den veränderten Rahmenbedingungen der Musikwirtschaft.

Die Stadt Mannheim erhoffte sich von der Popakademie einen Schub für die Kreativwirtschaft und die Stadtentwicklung im Hafengebiet. Nach dem Musikpark für junge Firmengründer soll dort demnächst ein neues Kreativwirtschaftszentrum entstehen. „Bisher wurden unsere Erwartungen mehr als erfüllt“, erklärt der Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD).