An der Neuwirtshausschule ist der 75. Geburtstag gefeiert worden. Im nunmehr sanierten, hellen und freundlichen Dachgeschoss wurde zudem auf ein Jahr Schülerhaus zurückgeblickt.

Neuwirtshaus - Früher, so erzählte Hermann Pfleiderer, sei das Dachgeschoss ein finsterer und unheimlicher Ort gewesen. Keiner hätte sich dort gern hingetraut. Am Donnerstagvormittag freilich kam der erste Vorsitzende der Siedlergemeinschaft sehr gerne an den Ort seiner eigenen Kindheit zurück: Im nunmehr sanierten, hellen und freundlichen Dachgeschoss wurde der 75. Geburtstag der Neuwirtshausschule gefeiert und auf ein Jahr Schülerhaus zurückgeblickt.

 

An Eisen wurde gespart

Im Frühherbst 1939 zogen dunkle Wolken über Europa auf. Am 1. September hatte die Wehrmacht Polen überfallen und damit den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen. Die Kriegsplanungen Adolf Hitlers hatten schon vorher ihre Schatten geworfen. Dem Bau der Neuwirtshausschule war, so ist in alten Dokumenten nachzulesen, nicht zuletzt deshalb zugestimmt worden, da für ihren Bau weniger als zwei Tonnen Eisen, das wichtig für die Rüstung war, gebraucht wurden. Am 17. Oktober 1939 wurde die Lehranstalt nach anderthalbjähriger Bauzeit eingeweiht. Zunächst waren Luftschutz- und Geräteräume für den Keller geplant gewesen. Diese wurden dann aber unter dem Marktplatz gebaut. An einen regulären Schulbetrieb war während des Krieges nicht zu denken, Lehrer wurden zum Wehrdienst eingezogen und die Luftangriffe von Jahr zu Jahr häufiger. Auch nach dem Krieg konnten die Kinder nicht gleich wieder die Schulbank drücken, denn Familien aus besetzten Häusern mussten im Gebäude wohnen. Erst im Oktober 1945 startete der Unterricht wieder. Zunächst mussten die Mädchen und Buben des fünften bis achten Schuljahres die Rosenschule besuchen, 1946 wurde im Lehrmittelzimmer gar ein Polizeiposten eingerichtet. Von 1949 an konnten dann wieder alle Jahrgänge in Neuwirtshaus unterrichtet werden. Durch die Kinder aus dem Flüchtlingslager auf der Schlotwiese stieg die Schülerzahl auf bis zu 380. Allerdings nicht für lange. Nachdem die Zahlen im Laufe der folgenden Jahre immer weiter sanken, wurde 1978 über eine Schließung nachgedacht. So weit kam es nicht: Trotz erbittertem Widerstand aus Stammheim wurde der Schulbezirk um Stammheim-Süd erweitert und so der Bestand der Neuwirtshausschule gesichert.

Die Klassen sind gut gefüllt

Ein weiterer Meilenstein erfolgte 2011. Das ausgebaute Dachgeschoss, das nun einen Mehrzweckraum und drei Gruppenräume beherbergt, konnte eingeweiht werden. Zwei Jahre später wurde die Ganztagesbetreuung eingeführt, zusammen mit den Kindertagesstätten Borkumstraße und Nobileweg entwickelte sich die Schule zum Bildungshaus. Im Schuljahr 2013/2014 schließlich wurde die Lehranstalt zum Schülerhaus. „Das bedeutet einen deutlichen Mehrwert für die Kinder“, sagte Petra Bergmann-Wahl, Leiterin des Schülerhauses, bei der Jubiläumsfeier.

Bezirksvorsteher Gerhard Hanus betonte, dass sich ein Mensch mit 75 Jahren zur Ruhe setzen könne, eine Schule aber nicht. „Der Standort wird sich in Zukunft weiterentwickeln“, sagte Hanus. Rektor Peter Dietz-Vowinkel jedenfalls kann guten Mutes vorausblicken: Mit momentan 98 Mädchen und Buben sind die Klassen gut gefüllt, Diskussionen um den Standort gibt es schon lange keine mehr.