Die Weingärtnergenossenschaft Rohracker ist zwar Württembergs kleinste WG, aber sie hat eine lange Tradition: Zum 100-jährigen Bestehen im kommenden Jahr hat sie einen Jubiläumskalender herausgebracht.

Rohracker - Sie ist die kleinste Weingärtnergenossenschaft (WG) in Württemberg, ihre Mitglieder arbeiten nur in Steillagen und dennoch blicken die Wengerter aus Rohracker auf eine lange Tradition zurück: Die WG feiert kommendes Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass haben die Wengerter einen Jubiläumskalender mit historischen und aktuellen Aufnahmen zum Weinbau in Rohracker herausgebracht. „Wir haben uns bewusst gegen eine Chronik entschieden. Wir wollen etwas, das unsere Kunden und die Rohracker Bürger durchs Jubiläumsjahr begleitet“, sagt Manfred Kanzleiter.

 

Der frühere Stadtrat und Hobbywengerter erinnert an die Anfänge. Der Erste Weltkrieg war gerade vorüber, da hatten die Wengerter aus Rohracker endgültig genug. Seit Generationen erlebten sie, wie die Kunden und Händler, die ihren Wein kaufen wollten, die Wengerter gegenseitig ausspielten und den Preis drückten. „Es galt, selbst eine Marktmacht aufzubauen. So gründeten sie am 5. Juli 1919 eine Genossenschaft, die zweitälteste, noch bestehende WG in Stuttgart“, so Kanzleiter.

Freizeitwengerter mit viel Idealismus

Mit dem Weinbau können die Genossen ihren Lebensunterhalt heute nicht mehr sichern. Die 20 Nebenerwerbs- und Freizeitwengerter benötigen viel Idealismus. Sie bewirtschaften rund 3,5 Hektar Rebfläche. Die Weinberge liegen ausschließlich in den steilen Lagen zwischen Rohracker und Frauenkopf sowie im Dürrbachtal. Fast alles ist reine Handarbeit, Fahrzeuge haben in den Lagen mit Trockenmauern kaum eine Chance. Viel Idealismus sei gefragt, sagt WG-Vorsitzender Edgar Veith. Nach der Arbeit in ihrem eigentlichen Beruf stehen die Rohracker Wengerter in den Steillagen und opfern ihre Freizeit – oftmals als Ausgleich zum stressigen Job. „Wir haben Spaß an der Arbeit und wollen die Kulturlandschaft in Rohracker mit ihren denkmalgeschützten Trockenmauern erhalten“, erklärt WG-Aufsichtsratsvorsitzender Markus Wegst. Die kleinstrukturierten Weinberghänge in Rohracker seien ein Hort des traditionellen Weinbaus und ein „Farbklecks gegen die Rebmonotonie“.

Mit modernem Marketing, pfiffiger Nachwuchsarbeit und pilzresistenten Rebsorten wappnen sich die Rohracker Wengerter für die Zukunft. Alle zwei Jahre bietet die WG in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Weinbaukurse an. Interessierte lernen die Arbeit in den Weinbergen und in der Kelter kennen – und offensichtlich auch lieben. Immer wieder übernehmen ehemalige Kursteilnehmer einen Weinberg und treten der WG bei. Weitere Flächen sind vorhanden. Zusätzliche rund 1,5 Hektar sind bereits mit pilzresistenten Rebsorten bestockt. Zudem sollen Flächen in der Hohen Halde wieder erschlossen werden.

500 Kalender

Folgerichtig zeigt ein Blatt des Jubiläumskalenders die potenzielle Rebfläche unterhalb des Frauenkopfs. Auf den Rückseiten bekommt der Betrachter Infos zu bestimmten Themen rund um den Weinbau. „Wir haben 500 Kalender drucken lassen und geben diese an Kunden und interessierte Bürger gerne kostenlos weiter“, sagt Veith. In den kommenden Tagen kommt auch der Jubiläums-Sekt, ein Rosé aus Heroldsrebe-Trauben, in den Verkauf. Mit einem Reigen von Jubiläumsveranstaltungen werden die Rohracker Wengerter auf ihre kleine, „steile“ WG mit großer Tradition aufmerksam machen.