Vor 125 Jahren wurde die Weinmanufaktur Untertürkheim gegründet. Statt technischem Fortschritt setzen die Weingärtner heute auf Tradition.

Untertürkheim - Beim Bau vor 110 Jahren galt das Gebäude der Weinmanufaktur Untertürkheim an der Strümpfelbacher Straße 47 als die modernste Kelter Europas. Sie war mit elektrischem Licht ausgestattet, ein echtes Novum zu dieser Zeit.

 

Die Weinmanufaktur selbst feiert in diesem Jahr bereits ihr 125-jähriges Bestehen. Anders als in den Gründungsjahren steht für die Weingärtnergenossenschaft heute weniger der technische Fortschritt im Vordergrund, sondern vielmehr die Rückbesinnung auf die traditionellen Grundlagen des Weinanbaus.

Der Name Weinmanufaktur ist Programm. „Wir versuchen, möglichst wenig maschinell zu machen“, sagt Katharina Veit, die für Marketing und Verkauf zuständig ist. Die Grundlage für die Qualität des Weins werde ohnehin im Weinberg gelegt. Das bestätigt Kellermeister Jürgen Off. Die Weinmanufaktur versuche, zu den traditionellen Methoden zurückzukehren. „Der Wein steht im Vordergrund, die Technik im Hintergrund.“

Fusion mit Obertürkheim im Jahr 2004

Noch in den siebziger und achtziger Jahren verfolgte die Genossenschaft vor allem das Ziel, so viel Wein wie möglich zu produzieren. Inzwischen steht für die 45 aktiven Weingärtner die Qualität der Produkte im Vordergrund. Diesem Gebot folgend wurde der Ertrag nach der Umfirmierung der Genossenschaft in die „Weinmanufaktur Untertürkheim“ im Jahr 2002 kontinuierlich reduziert. „Manchmal ist weniger mehr“, sagt der Kellermeister.

Das Konzept scheint aufzugehen. Die Produkte der Genossenschaft haben nicht nur mehrfach den deutschen Rotweinpreis gewonnen, sondern die Weinmanufaktur selbst wurde auch viermal in Folge zur besten Genossenschaft Deutschlands gekürt. Und das, obwohl sie sich mit ihrer rund 85 Hektar großen Anbaufläche auch nach der Fusion mit Obertürkheim im Jahr 2004 ihren Weingutcharakter erhalten hat.

100 000 Liter Wein lagern im Holzfasskeller, 750 000 Flaschen werden in der Weinmanufaktur pro Jahr abgefüllt. Im Vergleich zu den großen Weingärtnergenossenschaften im Land ist das eine verschwindend kleine Menge. Die Weinmanufaktur ist die zweitkleinste selbst ausbauende Genossenschaft in Deutschland. Der größte Teil des Weins geht nach wie vor in den privaten Verkauf.

Rund 6000 Personen nutzen pro Jahr die Veranstaltungsräume

Neben dem Weinanbau hat sich die Genossenschaft ein weiteres Standbein erschlossen. Rund 6000 Personen nutzen pro Jahr die Veranstaltungsräume in dem alten Keltergebäuden – von kleinen Weinproben über Neujahrsempfänge bis hin zu großen Hochzeitsfeiern mit mehr als 300 Gästen.

Für das Jubiläumsjahr hat sich die Weinmanufaktur einiges einfallen lassen. Am 6. Mai ist eine große Feier geplant. „Es soll eine Art Tag der offenen Tür werden“, sagt die Mitarbeiterin Katharina Veit. Im Stahltankkeller, im Verkaufsraum und im Holzfasskeller zeigt ein Improvisationstheater Szenen aus den verschiedenen Epochen der Weinmanufaktur.

Darüber hinaus gibt es über das Jahr verteilt vier Jubiläumsführungen. Als Wengertersfrau Lydia Österle verkleidet, nimmt die Weinerlebnisführerin Elke Ott die Besucher mit auf eine Zeitreise und erzählt viele Anekdoten aus der Geschichte der Weinmanufaktur. In jedem Monat des Jubiläumsjahres präsentiert zudem eines der 82 Genossenschaftsmitglieder oder ein Mitarbeiter der Weinmanufaktur seinen Lieblingswein in einem kleinen Video.