Es ist ein langer Prozess gewesen, der letztlich zur Gründung des Chors der evangelischen Gemeinde im pietistischen Schöckingen führte. Am Sonntag lädt der Kirchenchor anlässlich seines hundertjährigen Bestehens zu einem Konzert ein.

Ditzingen - Es ist ein langer Prozess gewesen, der letztlich zur Gründung des Chors der evangelischen Gemeinde im pietistischen Schöckingen führte. In dem Ort kam damit eine Entwicklung zum Ausdruck, wie sie in ganz Deutschland vollzogen wurde, als sich Mitte des 19. Jahrhunderts vielerorts Kirchen und Gesangvereine gründeten. Dabei habe es dort nie dieselbe Tradition gegeben wie in Ditzingen, sagt der Chorleiter Werner Schumacher, der vormals Ditzinger Bezirkskantor war. Er leitet den Kirchenchor seit 2008. Sich und den Chor hat er der Kirchenmusik verschrieben: „Sie ist ein Wert an sich, den gilt es zu pflegen.“ Lediglich Kyrie Elyson und Halleluja zu singen, „das ist zu einfach“.

 

Dabei ist er es, der dem Chor Vorschläge für die Erarbeitung immer neuer Werke macht. „Ich bin immer wieder erstaunt“, sagt Schumacher über die Qualität des Chors, der sich auf die Werke, das heißt auf deren komplexe Musik und deren alte Sprache einlasse. Die Auseinandersetzung mit den religiösen Werken präge die Chorproben. Insofern sei ein Kirchenchor vergleichbar mit Hauskreisen. Schumacher schätzt die Gemeinschaft im Chor: „Sie ist toll. Ich möchte sie nicht missen.“

Den Grundstein für den Chor hatte der Pfarrer Eugen Müller gelegt. Der Leonberger Dekan schrieb nämlich 1908 in seinem Pfarrbericht, dass „Herr Pfarrer seine musikalische Begabung in den Dienst des Jungfrauenvereins stellt ist sehr erfreulich, und die Beteiligung der Mädchen scheint recht eifrig zu sein“. Zudem äußert er seinen Wunsch, dass sich die Gesangsübungen mit der Zeit zu einem gemischten Kirchenchor erweitern könnten.

Doch der Dekan schreibt auch von den Bedenken des Herrn Pfarrer, „es könnte dadurch ein Wirtshausbesuch des männlichen Teils im Anschluss an die Singstunde provoziert werden, da die Gesangsstütze des Basses der Rosenwirt wäre.“

In der Folge sangen die Schöckinger weiterhin, doch eine Tradition wie in Ditzingen entwickelte sich daraus nicht. Immer wieder musste der Chor mit Brüchen in der Entwicklung umgehen, etwa wenn die Männer des Chors im Feld blieben. In der Festschrift zum Jubiläum heißt es dazu, dass die Chorarbeit „vermutlich über die ganz schwierige Zeit des Zweiten Weltkriegs hinweg bis Anfang der sechziger Jahre ruhte“. Noch 1957 wird berichtet, dass es keinen Kirchenchor gibt. Der Leonberger Dekan notiert dazu, es „fehlt dazu nicht an Sangesfreudigkeit, aber zunächst am richtigen Dirigenten“. Das hat sich nach Meinung der Beteiligten längst geändert.