Die Württembergische Landesbühne Esslingen schaut auf eine weitere Rekord-Spielzeit zurück. Der Intendant Friedrich Schirmer und sein Chefdramaturg Marcus Grube stellen derweil schon einmal ihre Pläne für die Jubiläumssaison 2019/2020 vor.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Friedrich Schirmer hat derzeit keinen Grund, schlecht zu schlafen. Zwar tagt am 11. Oktober der Vorstand der Württembergischen Landesbühne Esslingen, um über die Zukunft des seit September 2014 amtierenden Intendanten zu entscheiden. Doch die Verlängerung des Vertrags scheint angesichts der Erfolgsbilanz des Mannes, der 1985 seine Intendantenkarriere in Esslingen begann und nach Stationen in Freiburg, Stuttgart und in der Champions League der Schauspielkunst, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt ist, reine Formsache. Alles spricht dafür, dass der 67-Jährige den Esslingern ein paar weitere Jahre erhalten bleibt.

 

Die beste Spielzeit seit rund 30 Jahren

Schirmer wird seit Jahren in der Stadt von einer Welle der Sympathie getragen. Er betont aber auch: „Ohne dieses tolle Ensemble wäre der Erfolg so nicht möglich.“ Sogar die Kritik war sich bei der Saisonpremiere, den „Nashörnern“ von Eugen Ionesco, einig, dass der WLB da wieder ein ganz großer Theaterabend gelungen ist.

Auch die Zuschauerzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Mit fast 122 500 Besuchern in Esslingen und den Abstecherorten ist die vergangene Spielzeit 2017/2018 die beste seit rund 30 Jahren gewesen. Das ist sensationell, wenn man bedenkt, dass die WLB damit erneut mehr Zuschauer begrüßen konnte als das Stuttgarter Staatsschauspiel. Zählt man die theaterpädagogischen Angebote noch hinzu, sind in der Spielzeit 2017/2018 sogar mehr als 130 000 Menschen in Kontakt mit der WLB gekommen. Mit 9000 Besuchern erfolgreichstes Erwachsenenstück war die Theaterversion des Films „Die Kirche bleibt im Dorf“. Das Kinderstück „Wiedersehen mit Herrn Bello“ konnte sogar noch einmal 4000 Zuschauer mehr verbuchen.

Solche Zahlen spornen das Theaterteam an. Am Donnerstag hat die WLB mit den anderen Landestheatern die Pläne für die Spielzeit 2019/2020 vorgestellt. Der frühe Zeitpunkt ist der Tatsache geschuldet, dass die Abstecherorte, in denen die Landesbühnen gastieren, frühzeitig ihre Theaterreihen planen.

Auch die Junge WLB hat Spannendes vor

Für die WLB wird die Spielzeit 2019/2020 dabei eine ganz besondere. Denn vor genau 100 Jahren wurde die Schwäbische Theaterbühne gegründet, die später zur Württembergischen Landesbühne mutierte. Die erste Premiere damals war Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“. Mit diesem Stück wird die WLB auch die Spielzeit 2019/2020 eröffnen. Das Spektrum der dann geplanten Premieren reicht von der deutlich älteren „Antigone“ von Sophokles, über zwei Theaterfassung von Romanstoffen – der „Deutschstunde“ von Siegfried Lenz und „Das Licht“ von Torgny Lindgren – bis zur Komödie „Die Mitwisser“ von Philipp Löhle und dem Freiluftstück „Shakespeare in Love“.

Auch die Junge WLB, das Kinder und Jugendtheater der Landesbühne, hat Spannendes vor. So erlebt Paul Maars neues Stück „Snuffi Hartenstein“ in Esslingen seine Uraufführung. Mit „Urmel aus dem Eis“ kommt ein Kinderbuchklassiker auf die Bühne, und zudem will sich der Chef der Jungen WLB, Marco Süß, einen Traum verwirklichen: Erstmals will er ein Stück für Kinder von zwei Jahren an auf die Bühne bringen. 30 Minuten soll es dauern und „Gefühlsstrudel“ heißen. Vielleicht lässt sich so schon sehr frühzeitig die Theatergeneration der Zukunft begeistern.

Einige Höhepunkte der Spielzeit 2019/2020 an der Landesbühne

Kabale und Liebe
Vor genau 100 Jahren ist der Vorgänger der Württembergischen Landesbühne Esslingen (WLB) gegründet worden. Exakt am 20. September 1919 erlebte Friedrich Schillers bürgerliches Trauerspiel „Kabale und Liebe“ seine Premiere – in Göppingen. Dorthin kehrt die WLB am 20. September 2019 zurück, ehe der Klassiker einen Tag später erstmals in Esslingen zu sehen sein wird.

Waidmannsheil!
Der WLB -Intendant Friedrich Schirmer setzt die Zusammenarbeit mit Erich Koslowski und Herbert Häfele, besser bekannt als Kabarett-Duo Die Galgenstricke, fort. In deren Spielstätte in der Webergasse wird Susanne Hinkelbeins bitterböse, preisgekrönte Farce „Waidmannsheil!“ im Oktober 2019 Premiere feiern. Koslowski und Häfele spielen darin zwei Jäger, die von einem Hochstand aus nicht nur den Wald, sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen betrachten.

Urmel aus dem Eis
Max Kruses Klassiker – durch die Inszenierungen der Augsburger Puppenkiste für die Generation 55 plus unsterblich geworden – wird von November 2019 als das „Weihnachtsstück“ der WLB gezeigt.

Frank der Fünfte
Friedrich Dürrenmatt hat 1958 eine groteske Oper für Schauspieler geschrieben, zu der Paul Burkhard die Musik beisteuerte. Das eher unbekannte Stück ist nicht nur ein Angriff auf die Finanzwelt, sondern eine Parabel auf die Gesellschaft im Allgemeinen und wird Ende November 2019 seine Premiere feiern.

Heartbreakin’ – Die Biene und der Kurt
Robert Seethalers „Der Trafikant“ ist an der WLB das meistgespielte Stück. Jetzt kommt – als Kooperation zwischen Erwachsenenensemble und Junger WLB das Seethaler-Roadmovie „Heartbreakin’“ hinzu, in der die Geschichte einer ungewöhnlichen Begegnung zweier Außenseiter erzählt wird, die von Juni 2020 an auf der Suche nach Freiheit und Unabhängigkeit die Zweisamkeit für sich entdecken.

Shakespeare in Love
Der Film als Freiluftinszenierung: Die Adaption der Romeo und Julia-Geschichte von Lee Hall nach dem Drehbuch von Marc Norman und Tom Stoppard wird erstmals am 20. Juni 2020 in der Esslinger Maille zu sehen sein und die Schauspielsaison beenden.