Jürgen Katz wird mit großer Mehrheit zum Ersten Beigeordneten gewählt. Er will ein „moderates Wachstum“ und mehr Gewerbe.

Weil der Stadt - Bernd Laure bringt die Dinge gern auf den Punkt. „Sie sind 56 Jahre alt“, stellt der Stadtrat der Freien Wähler fest. „90 Prozent der Leute träumen da doch vom Vorruhestand.“ Da schmunzelt Jürgen Katz am Rednerpult und sagt den interessantesten Satz des Abends: „Vielleicht ist es genau das – dass ich nochmals durchstarten will und eine Herausforderung suche“, erklärt Katz. In seiner jetzigen Position kenne er alles, habe alles im Griff, habe Reputation. „Daher habe ich jetzt Lust auf etwas Neues.“

 

Das hat Jürgen Katz erreicht. 20 von 23 Gemeinderäten (zu denen übrigens auch der Bürgermeister zählt) haben ihn am Dienstagabend zum neuen Ersten Beigeordneten gewählt. Sein Mitbewerber Clemens Mindt erhielt nur drei Stimmen. Ein „reaktiv deutliches Ergebnis“, wie nicht nur Bürgermeister Thilo Schreiber (Freie Wähler) am Ende feststellte. Er bedankte sich auch bei dem Wahlverlierer. „Sie sind auf dem richtigen Weg“, sagte er zu dem 38-Jährigen.

15 Bewerber um das Amt

Am liebsten hätte er beide Kandidaten genommen, verrät Schreiber. „Wir haben hier so viel Geschäft, dass das locker für zwei Beigeordnete reichen würde.“ Das aber gehe natürlich nicht, und so mussten sich der Bürgermeister und die 22 Gemeinderäte zwischen zwei höchst unterschiedlichen Männern entscheiden. Katz und Mindt hatten es beide in die letzte Runde des Auswahlverfahrens geschafft. 15 Bewerber hatten sich um die Nachfolge von Susanne Widmaier, die zur Rutesheimer Bürgermeisterin gewählt worden war, gemeldet. Sieben davon durften sich vor einem Gremium aus Gemeinderäten und dem Bürgermeister vorstellen.

Drei Kandidaten waren dann zur öffentlichen Wahl zugelassen worden, einer hat noch kurz vorher zurückgezogen, nachdem er von seinen anderen beiden Mitbewerbern erfahren hat, berichtete Schreiber.

Schon die Bewerbung des Geschäftsführers der „LBBW Immobilien Kommunalentwicklung“ (KE) war eine große Überraschung. Als solcher ist er Chef von 110 Immobilien- und Bauexperten, die in 440 Gemeinden in ganz Baden-Württemberg Neubaugebiete planen, Stadt- und Dorferneuerungen organisieren und Städte bei strategischen Fragen und Bürgerdialogen beraten. Die Position in der zweiten Reihe einer Stadtverwaltung, mit B 2 (7618 Euro pro Monat) besoldet, ist da karrieremäßig betrachtet kein Aufstieg. „Auch wenn es etwas pathetisch klingt“, sagte Jürgen Katz in seiner Bewerbungsrede. „Das Wissen, das ich in 35-jähriger Berufstätigkeit erworben habe, möchte ich für das Wohl der Stadt einsetzen, die uns zur Heimat geworden ist.“ Aus Freudenstadt stammt der neue Beigeordnete, seit 25 Jahren wohnt der verheiratete Familienvater von zwei Kindern in Schafhausen.

Ein „moderates Wachstum“ will Katz

Der 56-Jährige weiß also, wovon er spricht. Zusammen mit dem Bürgermeister Thilo Schreiber gebe er ein gutes Führungsteam ab, sagt er, und hat sich vorgenommen: „Das im Vergleich zu den umliegenden Kommunen verloren gegangene Terrain müssen wir wieder gut machen.“ Weil der Stadt brauche ein „moderates Wachstum“. 22 000 Einwohner seien für die Stadt eine „total geschickte Größe“.

Daher will er die beiden geplanten Neubaugebiete „Schwarzwaldstraße“ und „Häugern“ fortführen, dazu Baulücken identifizieren und nachverdichten.

Weil der Stadt brauche auch mehr Wirtschaftskraft. „Hier werden wir weniger große neue Gewerbeflächen in Angriff nehmen können, als vielmehr unsere bestehenden Gewerbegebiete zu qualifizieren und sie zu echten Adressen entwickeln.“ Baustellen, die er anpacken will, seien aber auch der Marktplatz, die Innenstadt und die teilweise maroden Schulen und Kindergärten.

All das packt Jürgen Katz dann ab Oktober an. Ursprünglich wollte Weil der Stadt die Stelle schon zum September besetzen. „Aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer und seines doch überraschenden Ausscheidens aus dem Unternehmen steht er realistischerweise erst ab 1. Oktober zur Verfügung“, teilte Bürgermeister Schreiber am Mittwoch auf Nachfrage unserer Zeitung mit.

Acht Jahre dauert die Amtszeit, und so lange will Jürgen Katz mit Thilo Schreiber auch zusammenarbeiten. Denn das ist eines der überraschenderen Ziele, die Katz am Dienstag nannte: „Zusammen mit Thilo Schreiber möchte ich wieder aufrichten, wo es vielleicht in der Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren gerumpelt hat“, sagt er. Und: „Darum ist es ein wichtiges persönliches Ziel, dass Thilo Schreiber in zwei Jahren wieder antritt.“