Die Jugendeinrichtung Scout unterstützt sogenannte Hochrisikokinder dabei, den Sprung zurück in ihre Familie oder in die Selbstständigkeit zu schaffen. Vor 10 Jahren ging die Einrichtung an den Start.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Hochrisikokinder werden sie von den Jugendpsychologen genannt – oder auch verhaltensoriginell. Gemeint sind damit Jungs wie Alex: Wütend, unkontrolliert, aggressiv. Mit sich und der Welt im Clinch. Bei Scout am Löwentor hat er gelernt, seine Aggressionen in den Griff zu bekommen, sie nicht an seinem Gegenüber auszulassen und nicht wegen jeder Kleinigkeit auszurasten. Er hat aber auch gelernt, dass er respektiert wird und dass er durchaus etwas zustande bringen kann. Im Handwerk- und Gartenbauprojekt ist er erfolgreich. Alex repariert Fahrräder und Zäune, schneidet Hecken und Büsche. Mit finanzieller Unterstützung von „Hilfe für den Nachbarn“ konnten zum Beispiel Gartengeräte für dieses Projekt angeschafft werden. Und schon manchen der Jungs hat eine Spende von „Hilfe für den Nachbarn“ vor der Kälte geschützt: Warme Jacken und Winterschuhe besitzen die wenigsten.

 

Zwölf männliche Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren leben in der intensivpädagogischen Jugendhilfeeinrichtung, hinzu kommen sechs weitere Plätze im betreuten Jugendwohnen für Jungs, die zwar gute Prognosen haben, aber den Sprung zurück in ihre Familie oder in die Selbstständigkeit noch nicht schaffen.

Einige Bewohner haben einiges auf dem Kerbholz

Vor 10 Jahren ging die Einrichtung der Evangelischen Gesellschaft an der Hunklinge an den Start. Schon die Adresse „Am Löwentor“ sei für die Jungs Programm, lobte Jürgen Strohmaier vom Landesjugendamt bei der Feier zu dem kleinen Jubiläum: „Das klingt aus der Perspektive 16-Jähriger besser als Hasenbergstraße.“ Denn wer auf Wunsch des Jugendamtes oder der Justizbehörden bei Scout landet, hat einiges auf dem Kerbholz. „Das ist schon gravierender als Schwarzfahren“, charakterisiert der Bereichsleiter Martin Eipper die Bewohner. Die Palette ihrer Vergehen reicht von Drogenkonsum und Schulverweigerung Kreditkartenbetrug und Diebstahl bis zur Körperverletzung. Aber auch die Mediensucht mit allen Folgeerscheinungen ist nicht selten

Viele, aber nicht alle Jungs, kommen aus prekären familiären Verhältnissen. Manche waren Opfer häuslicher Gewalt oder wurden vernachlässigt. Immer häufiger sind auch Kinder aus Familien der Mittelschicht dabei. Jugendliche, die an Scout überwiesen werden, brauchen eine räumliche Trennung von ihrer Familie. Am Löwentor müssen sie strenge Regeln einhalten und einem geregelten Tagesablauf nachgehen. Die Eltern werden einmal im Monat zum Gespräch gebeten. „Nur wenn der Jugendliche sieht, dass auch diese sich ändern, ändert er sich selbst“, sagt Eipper.

Morgens Schule – mittags Unterricht im Sozialverhalten

Alle Jungs besuchen die angegliederte Schule für erhöhten Erziehungsbedarf und üben sich nachmittags bei Projekten in Sozialverhalten. Hinzu kommen Sport- und Musikprojekte sowie die Hauswirtschaft. Der Koch der Einrichtung stellt mit den Bewohnern den Speiseplan auf – dafür wird dann auch gemeinsam eingekauft. In den Projekten können die Jugendlichen für ihr Engagement Bonuspunkte sammeln und dafür gibt es dann beispielsweise Ausgang in die Stadt. Die Jugendlichen sollen lernen, sich die Realität Stück für Stück zurück zu erobern.

Oberstes Prinzip ist immer die Rückführung in die Familie. Deshalb leben die Jungs in der Regel zwischen drei und 18 Monate bei Scout. „Wenn allerdings ein gewalttätiger Stiefvater zuhause sitzt, der den Jungen verprügelt und in den Keller sperrt, ist die Rückführung nicht möglich“, erklärt Eipper. Dann müssen andere Einrichtungen zur Erziehung gefunden werden oder der betreffende Jugendliche zieht in eine betreute Wohngemeinschaft ein – sofern er 16 Jahre oder älter ist, eine Schule besucht oder eine Ausbildung macht.

Eine Erfolgsstatistik darüber, was aus ihren ehemaligen Schützlingen wurde, haben die Sozialpädagogen am Löwentor aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht. Aber Eipper berichtet nicht ohne Stolz: „Ungefähr 70 Prozent der Jungs stehen irgendwann hier vor der Tür und wollen einen Besuch machen oder melden sich mit einer E-Mail.“

Hilfe für den Nachbarn

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