Die Jugendfeuerwehr Weil der Stadt verzeichnet mit 60 Mitgliedern einen stetigen Zuwachs. Gemeinschaft und Werte ziehen immer mehr junge Menschen an.
Mit 60 Mitgliedern ist die Jugendfeuerwehr Weil der Stadt die größte im Landkreis Böblingen. Während viele Vereine und ehrenamtliche Organisationen mit Nachwuchssorgen kämpfen, zieht sie Jahr für Jahr neue junge Menschen an. Doch was macht die Feuerwehr für den Nachwuchs so attraktiv?
Zwei, die es wissen müssen, sind Daniel Hagemann und Dennis Rüdt. Daniel hat seinen Weg in der Feuerwehr von klein auf durchlaufen: vom Nachwuchsmitglied bis zur Leitung der Jugendfeuerwehr. Er ist heute 31 Jahre alt und trat mit 13 Jahren bei. Nach der gesamten Jugendfeuerwehrzeit wechselte er mit 17 in die aktive Einsatzabteilung, wurde später Jugendbetreuer und schließlich Jugendwart. Dennis hingegen begann mit 17 direkt bei den Aktiven und ist seit 2016 Jugendbetreuer, 2021 wurde er stellvertretender Jugendwart. Gemeinsam mit 12 Jugendleitern betreuen sie heute die größte Jugendfeuerwehr im Landkreis.
Noch vor zehn Jahren war die Situation eine andere. Die Jugendfeuerwehr Weil der Stadt hatte deutlich weniger Mitglieder. Deswegen änderte sie 2018 ihre Strategie. „Wir haben unsere Öffentlichkeitsarbeit verstärkt, Plakate aufgehängt, soziale Medien genutzt und sogar einen Instagram-Kanal eröffnet“, erzählt Daniel. Und irgendwie schien das den Knoten zu lösen. Die Zahl der Anmeldungen stieg. „Es war wie ein Selbstläufer“, erinnert sich Dennis. „Die ersten Jugendlichen kamen, fanden es cool und haben es in ihren Schulklassen weitergetragen.“
Erfolg durch neue Strategien und starke Werte
Doch die wachsende Beliebtheit der Jugendfeuerwehr ist nicht nur auf kluge Werbemaßnahmen zurückzuführen. Dennis und Daniel sind überzeugt, dass auch die aktuellen gesellschaftlichen Unsicherheiten eine Rolle spielen. „Gerade in Zeiten wie jetzt, mit dem steigenden Rechtsdruck und der AfD sind junge Menschen verunsichert. Viele suchen nach Normalität, nach Halt und Gemeinschaft. Die Jugendfeuerwehr kann das bieten“, sagt Daniel. „Wir wollen zeigen, dass es hier einen Wertekonsens gibt, dass Zusammenhalt wichtig ist.“ Besonders am Herzen liegt den beiden ein offenes und tolerantes Miteinander, das sie an die Jugendlichen weitergeben möchten. „Jeder soll die Chance haben, bei uns mitzumachen. Egal wie man aussieht oder woher man kommt. Besonders Mädchen möchten wir ermutigen, auch für sie ist hier Platz.“ Momentan sind die Mädchen mit elf Mitgliedern noch in der Minderheit, während 49 Jungen dabei sind. Die Jugendfeuerwehr steht allen zwischen 10 und 17 Jahren offen.
Neben ihrem regulären Dienst bei der aktiven Feuerwehr investieren Daniel, Dennis und ihr Team viele Stunden in die Nachwuchsarbeit. „Ein Feuer kann man nicht allein löschen, genauso ist es bei guter Jugendarbeit. Man braucht ein ganzes Team“, sagt Daniel. Das Team besteht insgesamt aus 14 Jugendleitern. Zu den Aufgaben gehören die wöchentliche Betreuung, das Organisieren von Events und Übungen. Bei den Übungen erlernen die Jugendlichen spielerisch den Umgang mit realen Einsätzen, doch der Aufwand ist hoch: 31 Gruppenübungen im letzten Jahr erforderten für jeden Jugendleiter rund 50 zusätzliche Stunden, ohne die Vorbereitung und Nachbereitung. Doch die Mühe zahlt sich aus. „Etwa zwei Drittel unserer aktiven Feuerwehrleute waren früher in der Jugendfeuerwehr. In den Führungspositionen ist der Anteil sogar noch höher“, erklärt Dennis. Die Zahlen zeigen deutlich, dass viele, die hier anfangen, später Verantwortung in der aktiven Wehr übernehmen.
Die Entwicklung des Wachstums in Weil der Stadt folgt dabei einem landesweiten Trend: Laut dem Innenministerium verzeichnet Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren mit über 35 000 Mitgliedern in den Jugendfeuerwehren einen Zuwachs von 13,5 Prozent. Besonders erfreulich ist der Anstieg bei den Mädchen, deren Zahl um 47 Prozent gestiegen ist. Bundesweit zeigt sich eine ähnliche Entwicklung: 2023 wuchsen die Jugendfeuerwehren um 7,4 Prozent, mit über 62 000 Neuzugängen.
Ein Engagement, das die Zukunft sichert
Die große Mitgliederzahl bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Besonders der Platzmangel wird zunehmend zum Problem. Der aktuelle Standort in der Grabenstraße in Weil der Stadt bietet einfach nicht genug Platz. Ein Problem, das nicht nur die Jugendfeuerwehr betrifft, sondern auch die aktive Feuerwehr. Derzeit läuft eine Standortanalyse der Stadtverwaltung, bei der drei mögliche Standorte geprüft werden, darunter auch ein Ersatzneubau. Bis 2030 soll eine Lösung gefunden und umgesetzt werden. Eines steht fest: Die Jugendfeuerwehr Weil der Stadt wächst weiter – und mit ihr die Zukunft der Feuerwehr.