Den Jugendgemeinderäten im Kreis Ludwigsburg gehen vielerorts die Jugendlichen aus. Weil weniger junge Leute bereit sind, sich langfristig in einem Gremium zu engagieren, probieren Kommunen andere Arten der Beteiligung aus.

Kreis Ludwigsburg - In der vergangenen Woche hat die Stadt Markgröningen eine Institution zu Grabe getragen: Der Jugendgemeinderat, etabliert im Jahre 1997 und damit einer der ersten im Landkreis Ludwigsburg, wurde aufgelöst. „Wir kriegen die Zahl der Jugendlichen einfach nicht mehr zusammen“, sagt Frank Becker, der Jugendpfleger der Stadt. 21 Mitglieder, die sich für eine Amtszeit von zwei Jahren aufstellen lassen, das sei heute einfach nicht mehr zu leisten bei einer Einwohnerzahl von 15 000. Zum Vergleich: Pforzheim, eine Großstadt mit 120 000 Einwohnern, hat einen Jugendgemeinderat mit 20 Sitzen.

 

Markgröningen ist nicht die einzige Kommune im Landkreis, die Probleme hat, genug Jugendliche zu finden, um das Gremium zu füllen. Einige Orte mussten den Jugendgemeinderat bereits nach wenigen Wahlperioden wieder auflösen, wie beispielsweise Bietigheim-Bissingen oder Möglingen. Andere, vor allem kleinere Kommunen, hatten noch nie einen Jugendgemeinderat und werden wohl auch keinen ins Leben rufen. Beispiele hier sind Gemmrigheim, Pleidelsheim und Mundelsheim. Ludwigsburg hingegen geht genau in die andere Richtung: Dort hat der Gemeinderat im Juli beschlossen, einen Jugendgemeinderat einzurichten.

Es schwinden Engagement und Interesse

Das schwindende Interesse der Jugendlichen wird auch an Zahlen der Stadt Vaihingen deutlich. Dort gibt es seit 1995 einen Jugendgemeinderat. Während es damals noch 68 Bewerber und eine Wahlbeteiligung von 39 Prozent gab, waren es bei der letzten Wahl 2014 nur noch 34 Bewerber bei einer Wahlbeteiligung von 19,4 Prozent. Dort schwinden also sowohl die Bereitschaft zum Engagement als auch das Interesse am Engagement der anderen.

Anders läuft es im Strohgäu: In Gerlingen gibt es das Gremium seit 21 Jahren, und es ist nicht erkennbar, dass der Nachwuchs ausgehen könnte. Und das Ditzinger Jugendparlament startete im vorigen Herbst mit viel Engagement und Ernsthaftigkeit. Der richtige Gemeinderat buhle dort bereits um Nachwuchskräfte, heißt es.

Eine Alternative zur festen Institution Jugendgemeinderat sind Jugendforen, in denen sich die Leute themen- und projektbezogen einbringen können, ohne sich auf Jahre zu verpflichten. So hat Sachsenheim beispielsweise im April das Projekt „Deine Stadt, deine Stimme“ auf den Weg gebracht. Am Ende sollen zwar auch dauerhafte Beteiligungsstrukturen etabliert werden, wie in Form einer Jugenddelegation mit Vorschlags- und Rederecht im Gemeinderat. Aber es soll insgesamt niederschwelliger bleiben und in themenbezogenen Arbeitsgruppen ablaufen.

Ein Jugendbeirat soll stärkere Beteiligung bringen

Ähnliches versucht nun auch Markgröningen: Ein Jugendbeirat, paritätisch besetzt mit je sieben Jugendlichen und Erwachsenen, soll stärkere Beteiligung bringen und kulturelle, soziale und politische Projekte für die Jugend voranbringen. Der Beirat soll wirken wie ein Ausschuss des Gemeinderats, mit einem empfehlenden Abstimmungsrecht für das Plenum. Laut Jugendpfleger Becker ist der Beirat im Kreis bislang beispiellos. Der Vorschlag kam aus dem Jugendgemeinderat selbst.

Mitgetragen hat ihn beispielsweise Anna Festag, die Sprecherin des derzeitigen Jugendgemeinderates, der sich nach der jetzigen Wahlperiode auflösen wird. „Es ist schon ein bisschen schade, aber so ist es die beste Lösung“, findet die 18-Jährige. Ob sie sich auch für den Beirat aufstellen lassen will? „Ich will auch anderen mal eine Chance geben“, sagt sie.