Rat und Stadt suchen die Fehler in der Vergangenheit.

Weil der Stadt - Diese Zahl sitzt. „924 208 Euro“, liest Sandra Stotz laut vor. Die Mitarbeiterin vom städtischen Gebäudemanagement hat vor sich die zweiseitige Kostenschätzung ausgebreitet, in der sie alle geplanten Maßnahmen im Alten Augustinerkloster zusammengefasst hat.

 

Neben ihr, auf der Verwaltungsbank im Weiler Gemeinderat, hört Bürgermeister Thilo Schreiber genau zu. „Ja, die Zahl sitzt bei uns allen“, sagt auch er und bekennt: „Es ist, wie es ist.“ Denn dass das Kloster zu einem Millionen-Projekt werden würde, das hatte niemand zu befürchten gewagt, als im März 2016 die Hiobsbotschaft aus dem Böblinger Landratsamt kam. Ein Brandgutachter hatte das historische Gebäude begangen und das dortige Jugendhaus sofort schließen lassen.

Schreiber spricht von einem „Lehrbeispiel“

Ein paar Hunderttausend Euro müsse man eben in die Hand nehmen, ein paar Kabel erneuern und eine Fluchttreppe anbringen, so hieß es damals. „Das ist wirklich ein Lehrbeispiel, wie sich so eine Baustelle entwickelt“, bezeichnet es Thilo Schreiber nun. Nur ein Beispiel: Mit der Fassadensanierung hatte die Stadt schon vor der Jugendhaus-Schließung begonnen, frische Farbe sollte her. Als sich die Handwerker ans Werk machten, stellte sich heraus, dass sie den kompletten Putz erneuern müssen. Also stiegen die Kosten von 37 900 auf 70 900 Euro. So läpperten sich die notwendigen Investitionen für das Gebäude. Allein die technischen Anlagen werden nun mehr als eine halbe Million Euro verschlingen, der Brandschutz 100 000 Euro und der Innenausbau 170 000 Euro.

Auch die Denkmal- und Brandschutzbehörde hatte einige Wünsche. Ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin hatte im Inneren des Gebäudes ein historisches Fenster entdeckt, das die Küche des Roten Kreuzes vom Treppenhaus trennt. Das muss jetzt unbedingt erhalten bleiben – und die neuen Fenster in den Jugendhausräumen müssen genau nach diesem Beispiel nachgebaut werden. Und weil der Brandschutz ein geschlossenes Treppenhaus verlangt, kommt vor das historische Originalfenster eine Brandschutzscheibe. Macht zusammen rund 50 000 Euro, eingeplant waren 28 000 Euro.

Versäumnisse in der Vergangenheit

Gerechnet hatte damit offenbar niemand. In der vorherigen Kostenschätzung, die die Verwaltung dem Gemeinderat im Juli vorgelegt hatte, war sie von einer halben Million Euro Gesamtkosten ausgegangen. „Schon da haben wir geschluckt“, sagt Bürgermeister Thilo Schreiber am Dienstag – und sagt ganz offen: „Da hätten wir früher einen Break machen müssen und sagen: Was kommt da noch alles?“

Die Gemeinderäte suchen die Verantwortung in der Vergangenheit. „Jahrelang wurde nicht danach geschaut“, sagt die Grüne Anke Matthias-Schwarz. Der CDU-Rat Michael Hofbauer ergänzt: „Wir müssen daraus lernen. Das sind Altlasten, vor denen unsere Vorgänger zurückgeschreckt sind“, sagt er. „Beim nächsten Mal müssen wir früher die Reißleine ziehen.“

In dieses Horn stößt auch der Bürgermeister. Nicht einmal einen Hausmeister hätte es für das Augustinerkloster gegeben, als er im November 2012 sein Amt in Weil der Stadt angetreten habe, schimpft Thilo Schreiber. „Das ist ganz viel unterlassener Sanierungsbedarf.“ Dass die Sanierung des Klosters ein Fehler war, das will der Bürgermeister aber nicht so stehen lassen. „Nicht nur für das Jugendhaus, auch für all die anderen Vereine hätten wir keine Unterbringungsmöglichkeit“, sagt er. Jetzt müssen die Handwerker erst andere Altlasten beseitigen. Nachtspeicher-Öfen, die Asbest enthalten, müssen noch raus und durch eine Wärmepumpen-Heizanlage ersetzt werden. Dann folgen die Toilettenanlagen und Elektroarbeiten. „Wir hoffen, dass wir das Jugendhaus mit einem Fest am 1. Mai eröffnen können“, gibt Sandra Stotz vom Gebäudemanagement bekannt.