Später stehen die 24 Jugendlichen zwischen Sonnenschirmhaltern und Osterglocken auf dem Hof eines Wirtshauses. Die Hände in den Hosentaschen, die Jeans tief hängend. Alle schweigen. Baki und die Sozialarbeiterin Jennifer Winter gehen nervös umher, entdecken einen handgeschriebenen Zettel: „Heute ab 14.30 Uhr geschlossen.“ Eigentlich wollten sie dort kegeln. „So ein Mist!“, sagt Winter. Was tun? Über ihre Idee muss sie selber lachen: das Fest am Ortseingang, da könnten sie hin. Man trottet ihr hinterher, ohne Fragen zu stellen. Ein Rentner mit Schiebekappe bleibt auf der anderen Straßenseite stehen und guckt. Kurz nach dem Bushäuschen „Ortsende“ sind sie da. Das Fest, von dem Frau Winter sprach, spielt sich auf einer Tankstelle ab. Heute 1,24 Euro für den Liter Super.

 

Vor den Zapfsäulen hält Baki eine Ansprache: „Es gibt Männer, die interessieren sich für Traktoren. Ich verstehe das auch nicht, aber wir gehen jetzt einfach über das Fest und machen uns einen Spaß.“ Milad schaut abwesend Richtung Ortsausgang. Ein paar Jungs – die mit den Caps – sitzen abseits auf einer Leitplanke. Andere rauchen zwischen den Autos. Jalal geht zu einem Parcours, in dem ein Vater und sein Sohn auf einem überdimensionalen Rasenmäher fahren. Er möchte auch, aber das kostet zwei Euro, und Jalal hat kein Geld dabei. Die Leute aus dem Dorf starren die Flüchtlinge an. „So ist das halt, man lebt so aneinander vorbei“, sagt Jennifer Winter.

„Alles, alles geht vorbei . . .“

Kurz nachdem es zu nieseln begonnen hat, tippt Milad eine Frau auf die Schulter. Er umarmt sie, lacht. „Ich freu mich so, Jungs!“, sagt sie. Sie ist die Mutter einer Betreuerin und war schon mal zum Brotbacken im Talblick.

Als sie die miese Stimmung bemerkt, fängt sie an zu singen, einfach so: „Marmor, Stein und Eisen bricht . . .“ Milad steigt ein: „Alles, alles geht vorbei.“ Sie beginnen zu tanzen, erst die Frau, dann die Jugendlichen, auf einmal tanzen neun von ihnen, mit tief hängenden Hosen und Caps, inmitten von glotzenden Menschen und Traktoren. Und dann lachen sie gemeinsam, obwohl es wenig zu lachen gibt.