Die Jugendmusikschule will Erwachsene für Musik begeistern. Sie beschreitet damit kreisweit als erste einen neuen Weg. Dabei geht es um weit mehr, als sich eine neue Gruppe von Gebührenzahler zu erschließen

Ditzingen - Eigentlich schade, dass die Geige in der Ecke verstaubt. Man hätte ja schon Lust, Musik zu machen, so wie in der Jugend – man müsste nur seine Kenntnisse auffrischen. Für all jene, die solche Gedanken in sich tragen, will die Jugendmusikschule Ditzingen künftig ein Ansprechpartner sein. Sie baut ihr Angebot aus und will Ensembleunterricht für Erwachsene anbieten.

 

Damit das Musizieren nicht in Vergessenheit gerät

Baden-Württemberg gilt laut dem Ditzinger Musikschulleiter Manfred Frank bundesweit als jenes Land, in dem die meisten Menschen ein Instrument spielen beziehungsweise gelernt haben. Sie jenseits der traditionellen Gruppen wie Gesangverein und Akkordeonorchester wieder für die Musik zu gewinnen, „sei ein virulentes Thema, in der sich die Jugendmusikschule positionieren soll und will“, begründet Frank die Angebotserweiterung. Im Fokus stehen dabei jene Menschen, die im Beruf Fuß gefasst haben und deren Kinder selbstständig sind – also all jene, die wieder Zeit für Musik haben.

Ganz gleich, welches Instrument sie spielen – das Schulangebot soll größer sein als jenes bei der Auftaktveranstaltung am 24. Mai. Dort seien die Organisatoren für weitere Anregungen offen, so Frank. Unklar ist daher auch, in welchem Zeitraum sich die Erwachsenen treffen – ob wöchentlich oder alle 14 Tage. Neue Lehrkräfte werden nicht eingestellt. Das Angebot müsse wachsen, auch organisatorisch müsse „das Thema erst gelernt werden“, sagt Hubertus Schwinge. Er ist der Vorsitzende des Fördervereins, dem Träger der Jugendmusikschule.

Die Ditzinger Einrichtung beschreitet damit als kreisweit erste diesen neuen Weg. Dabei gehe es freilich nicht nur darum, sich einen neuen Kreis von Gebührenzahlern zu erschließen, stellt Frank klar. Wenngleich auch in Ditzingen seit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums die älteren Schüler weniger werden, sei „das Thema viel zu umfangreich und inhaltlich viel zu ergiebig, um es auf die monetäre Seite zu reduzieren“, sagt Frank. Durch die Kooperation mit den allgemeinbildenden Schulen erfahre man, „wie viel Gutes Musik bewirken kann“. Im Sinne der Kontinuität solle dieser Gedanke nun im Erwachsenenbereich umgesetzt werden. „Es geht nicht darum, wie wir die Jugendmusikschule größer machen, sondern wir haben einen gesellschaftlichen Auftrag“, sagt die Rhythmus- und Percussionlehrerin Christine Heimann. Laut dem Städtetag sind die Jugendmusikschulen nämlich „Orte der Integration, des Aufeinanderzugehens, der Öffnung für Unbekanntes und des Miteinanders auch unterschiedlicher sozialer beziehungsweise ethnischer Gruppen und kultureller Milieus“.

Angebot bleibt auf Ensembles beschränkt

Freilich gebe es auch bisher schon Jugendmusikschulen, die in größerem Umfang Erwachsenenunterricht anböten als sie selbst, schränkt Manfred Frank ein. Doch dieser würde – wie etwa im Nachbarort Korntal-Münchingen – dann in Kooperation mit der Volkshochschule organisiert. Die Ditzinger hingegen wollen den Erwachsenenbereich eigenständig anbieten und so ihr Profil schärfen.

„Wir werden dadurch auch in anderen Netzwerken aktiv“, sagt der Schulleiter mit Blick auf die örtlichen Wirtschaftsbetriebe. Möglichkeiten, auch dort Angebote zu machen, sieht er durchaus: „Es muss nicht immer das Dschungelcamp sein, um Führungskräfte im Team zusammenzuschließen.“ Teambildend könne auch ein Percussionkurs wirken.

Dass sich das Angebot dabei auf Ensembles beschränkt, hat einerseits finanzielle Gründe. Das Land fördert den Unterricht nämlich nur bis zum 27. Lebensjahr. „Der Erwachsenenunterricht muss ohne öffentliche Zuschüsse auskommen“, sagt Frank. Andererseits sei bei Kindern auch die Persönlichkeitsentwicklung wichtig, so der Schulleiter. „Sie erfordert die Präsenz des Lehrers und bekommt bei Erwachsenen doch ein anderes Gewicht.“

Die Kommune, die die Musikschule finanziell unterstützt, begrüßt das neue Engagement der Einrichtung. Schließlich sehe sie sich „nicht nur als Stadt des Sports, sondern auch als Stadt der Musik“, sagt deren Sprecher Guido Braun. Die Stadt erhofft sich generationenübergreifende Projekte sowie „Impulse für traditionelle Vereine“, etwa in der Nachwuchsarbeit.