Die Bonbonfabrik Jung gibt es seit 1828. In dem hart umkämpften Markt konnte sie deswegen so lange überleben, weil sich die Firma immer wieder neu erfunden hat.

Vaihingen/Enz - Das Dasein als Geschäftsführer einer Bonbonfabrik ist – entgegen der Erwartung – kein Zuckerschlecken. Das wird spätestens klar, wenn man mit Jörg Dennig, einem der beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Jung Bonbonfabrik, durch das firmeneigene Museum in Vaihingen geht. In Deutschlands einzigem Bonbonmuseum zeigt er alte Süßigkeitendosen ehemaliger Konkurrenten: die Firma Kanold, die Firma Villosa, die Hiller AG und viele mehr. Sie alle sind im hart umkämpften Süßigkeitenmarkt auf der Strecke geblieben, mussten schließen oder wurden aufgekauft. „Viele Bonbonfabriken sind gestorben. Wir standen auch ganz oben auf der Liste der Todeskandidaten“, sagt Dennig.

 

Die Jung Bonbonfabrik gibt es seit 1828. Jeder, der auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt einmal Bonbons gekauft hat, kennt sie: die süßen, roten Himbeerbonbons oder die Spitzwegerich-Bonbons, die Geschmackssache sind. Lange Zeit hatte Jung quasi das Monopol auf Bonbons auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt.

1910 wird zum ersten Mal ein „Verschenk-Bonbon“ erwähnt

Doch darin allein liegt nicht der Erfolg der Firma. Sie hat auch überlebt, weil sie sich immer wieder neu erfunden hat. Dennig beschreibt das Firmenprofil folgendermaßen: „Früher waren wir eine Bonbonfabrik mit angehängter Werbefirma, heute sind wir eine Werbefirma mit angehängter Bonbonfabrik.“ Denn den überwiegenden Teil der 30 Millionen Euro Umsatz jährlich macht Jung mit süßer Werbung: Firmen können Werbegeschenke in Auftrag geben, angefangen bei Fruchtgummitütchen über Aluboxen mit Pfefferminzdrops oder auch die obligatorischen Bonbons mit eigenem Firmenlogo, die es auf Messen oder am Empfang des Unternehmens gibt. Die Kunden sind also fast ausschließlich Firmen, die sich von der süßen Beigabe einen besseren Werbeeffekt versprechen. „Mit uns geht die Botschaft durch den Mund direkt ins Herz“, sagt Dennig.

Die Idee, aus Bonbons Werbeartikel zu machen, wurde bei Jung in den 1960er-Jahren großflächig umgesetzt. Die erste Idee dazu gab es jedoch bereits im Jahr 1910. Ein Briefbogen der Firma aus diesem Jahr erwähnt „Verschenk-Bonbons“. Später vernetzten sich verschiedene Süßwarenhersteller zu einem Großhandel, so dass künftig die Jung-Außendienstler nicht nur Bonbons, sondern auch zugekaufte Schokoladen oder Gummibärchen im Auslagenkoffer hatten.

Inzwischen mehr als 200 Mitarbeiter

Der große Umbruch kam dann im Jahr 1982. Da zog Jung aus dem alten Gebäude in der Vaihinger Innenstadt hinaus nach Kleinglattbach und legte damit den Grundstein für ein konstantes Wachstum. „Bis dahin mussten die Mitarbeiter die Zuckersäcke für die Bonbon-Produktion durch die alten Büros schleppen“, erzählt Dennig.

Aus den damaligen 18 Mitarbeitern sind inzwischen mehr als 200 geworden, vor elf Jahren kam die Tochtergesellschaft Foodvertising im thüringischen Arnstadt hinzu, die sich auf das Bedrucken der Werbeartikel spezialisiert hat. Zudem betreibt Jung die Läden Gummibärenland, beispielsweise in Stuttgart, Reutlingen oder Geislingen, in denen selbst produzierte Bonbons aber vor allem Gummibären für den Endverbraucher angeboten werden. „Vieles läuft heute natürlich auch über den Online-Shop“, sagt Dennig.

Bis zu elf Tonnen Bonbons am Tag

Mittlerweile produziert Jung vier Tonnen Bonbons am Tag, in Hochzeiten vor Weihnachten können es auch deutlich mehr werden – und das, obwohl der Bonbonumsatz deutschlandweit zurückgeht. Laut Jörg Dennig liegt das zum einen am Zeitgeist, zum anderen daran, dass es so viele andere süße Produkte gibt. „Der Hype um das Bonbon wird aber noch kommen“, ist er überzeugt. Denn: im Gegensatz zu Schokolade oder Gummibärchen sind Bonbons per se vegan.

Und so lange die Begeisterung noch auf sich warten lässt, experimentiert Jung weiter mit neuen Werbeformaten, beispielsweise einem Adventskalender mit QR-Codes zum Abscannen mit dem Smartphone. „Man muss bei Süßigkeiten immer auf dem neuesten Stand der Technik bleiben“, sagt Dennig. In seinem Büro steht ein 3-D-Drucker, der Marzipan-Figuren fertigen kann – ein Pfund, mit dem er bei Geschäftskunden vor allem auf Messen wuchern kann. Dabei soll es aber nicht bleiben: „Ende März kann ich auch Schokolade drucken.“